Flugfracht: Ein besonderes Geschäft

Geschrieben von Markus Müller
Amercia Cup Pokal

Flugzeuge sind gemacht um Ladung, seien es Passagiere oder Fracht aufzunehmen. Ein ehemalige Swissair CEO hat uns Piloten einmal belehrt, nur wir fänden die Fliegerei etwas Besonderes. Aber eigentlich sei es ein Geschäft wie jedes andere und es spiele für ihn schlussendlich keine Rolle ob er Maschinen, Schokolade oder eben Fracht Volumen produziere. Vielleicht würde es Swissair ja noch geben wenn er die Fliegerei auch als etwas Besonderes angesehen hätte und mit etwas mehr Vorsicht gewirtschaftet hätte.

So wie jeder Flug anders ist, so speziell und oft einmalig ist auch was hinter uns sitzt oder unter uns geladen ist. Viele Erinnerungen dazu sind in meinen Flugbüchern zu finden. Der letzte Eintrag ist erst zwölf Tage alt. Die Teilnehmer der SN Leser Reise nach Shanghai. Über diese interessanten und sympathischen Passagiere lasse ich aber Zeno berichten. Passend zu dieser Kultur- und Volkswirtschafts-Reisegruppe hatten wir mit Edgar Oehler zufällig einen guten Kenner Chinas an Bord der eine seiner Firmen besuchte. Der erfolgreiche Unternehmer, Politiker und Fussballmäzen ist in der Fliegerei kein unbekannter als ehemaliger Privatpilot in Altenrhein und Gründer der parlamentarischen Gruppe Luftfahrt. Im Gespräch deutete er an, er wäre sehr interessiert an den Resultaten des FC St. Gallen. Sie seien im Rennen um den Cup während Schaffhausen ja bereits draussen sei, schmunzelte er. Mit jedem Goal das ich ihm nach hinten meldete stieg sein Wohlbehagen und er meinte nun würden ihn noch die Wahlresultate aus Bayern interessieren, die könnten wegweisend sein für die Bundes Wahlen. Auch die besorgten wir ihm prompt. Und er sollte Recht behalten mit seiner Befürchtung. FDP raus in Bayern heisst FDP raus in Deutschland. Überhaupt gibt es interessante Begegnungen in der Luft mit Personen aus dem Bekanntenkreis oder Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft. Als Flight Crew hat man das Privileg auf Augenhöhe mit diesen Leuten reden zu können. Weil fliegen eben doch etwas Besonderes ist Herr B.! So war es üblich, mindestens als sie noch erste Klasse fliegen durften, dass Bundesräte ins Cockpit schauten. Unvergessen bleibt der Handschlag, mein grosses Händchen verschwand förmlich in seiner, von Willi Ritschard oder die bodenständige Unterhaltung mit Adolf Ogi. Das spassige Gespräch mit dem Jugendidol Bob Dylon in zwölftausend Metern oder der kurze Wortwechsel mit Sophia Loren wäre am Boden kaum möglich gewesen. Eindrücklich in Erinnerung bleibt mir die kürzliche Bemerkung eines Passagiers. Von Montreal kommend führte uns der Fluglotse unüblich über Schaffhausen in den Süd Anflug. In einer spontanen Ansage wies ich auf die schönste Stadt der Schweiz mit dem grössten Wasserfall Europas unter uns hin. Beim austeigen strahlte mich ein jüngerer Mann an und klopfte auf seinen Aktenkoffer. Das hätte seinen Vater den er heim bringe sehr gefreut. Vergessen werde ich auch den Flug nach L.A. vom 2. Oktober 2010 nicht. Die Flight Attendants schwärmten vom Charme des Gotthard Lead Sängers. Auf dem Rückflug bedrückte uns die Nachricht vom tödlichen Unfall. 

Auch Frachtgeschichten würden Bücher füllen. Im Ladeblatt werden wir informiert was geladen ist mit Anweisungen über Temperatur in den Frachträumen. Swissair hatte früher übrigens auch Frachtmaschinen. Nicht ganz so gross wie die Antonov 225 aber immerhin eine viermotorige DC-8 und die kleinere DC-9-33F HB-IFW. Mit dieser haben wir in der Nacht oft Flüge nach Rom, Glasgow und Manchester durchgeführt. Bereits über London erhielten wir die Bewilligung in der verkehrsarmen Nacht direkt zum „Chocolate Corner“ zu fliegen. Exklusiv nur für uns ein Navigationspunkt nahe der Schweiz. Nicht beliebt waren Hühnerflüge. Nichts als Kisten mit Hühnern hinter dem Cockpit. Mit dem Verschwinden des Combi Jumbos sind die ganz grossen Fracht Volumen verschwunden. Das hat etwa zur Folge, dass für den Transport eines Ersatztriebwerks eine Frachtmaschine eingemietet werden muss. Ebenfalls können Grosstiere wie Pferde nicht mehr transportiert werden da Begleiter zwingend Zugang haben müssen. Hingegen haben wir zu Beginn des Lama Booms in der Schweiz ganze Herden davon aus Argentinien eingeflogen. Im Rio Zwischenstopp wurden sie jeweils ausgeladen, da die Frachträume am Boden zu warm wurden. Wir überzeugten uns von ihrem Zustand und mussten im Flug Buch führen über die Temperatur im Laderaum wegen allfälligen Reklamationen. Für verderbliche, wertvolle und dringende Güter ist der Lufttransport die einzige Möglichkeit. Es gibt aber Dinge die nicht aus den Augen gelassen werden. So habe ich vor Jahren den Pokal des America°s  Cup nach Barcelona geflogen. Zwei Polizisten begleiteten die Kiste die drei Passagiersitze brauchte. Die Verpackung ist ein Jubiläumsgeschenk von Louis Vuitton zum 150. Geburtstag des 1851 erstmals ausgetragenen Segel Wettbewerbs. Leider wusste in Barcelona niemand von der Ankunft. Wir halfen den beiden Beamten den mannshohen Kasten kurzerhand in den Passagierbus zu tragen um sie dort unter den erstaunten Blicken der Passagiere ihrem Schicksal zu überlassen. Die älteste Sport Trophäe der Welt ist aber gut angekommen denn sie wurde gestern dem Team Oracle in San Franzisco überreicht

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