New York – der erfüllte Bubentraum

Geschrieben von Markus Müller
New York - der erfüllte Bubentraum

Ist die nach Bin Laden Welt sicherer geworden, erwartete mich ein Thema am Radio Munot Stammtisch vom letzten Samstag. Auf dem Flug nach New York und in New York hatte ich die stimmige Umgebung über das Thema nachzudenken, liegt doch dort im Ground Zero und in der Fliegerei der Ursprung für das Medien bestimmende Thema der letzten Wochen als Spätfolge einer neuen Dimension von Terrorismus.

New York, und das damit assoziierte meist auf Skyline von Manhattan und Freiheitsstatue beschränkte Bild ist immer noch faszinierend obwohl andere Orte dem früheren Eintrittsportal in die neue Welt längst den Rang abgelaufen haben was Grösse, Höhe, wirtschaftliche Bedeutung und Touristenströme anbelangt. Ich kann mich dieser Faszination ebenfalls nicht entziehen und der New York Flug ist, trotz Degradierung der Flugnummer vom legendären Swissair 100 zum gewöhnlichen Swiss 14 auch nach knapp dreissig Jahren Berufsfliegerei und Dutzenden Anflügen auf JFK immer noch der Inbegriff der Fliegerei, die Langstreckenfliegerei per se und die Erfüllung eines Bubentraums schlechthin. Nicht von ungefähr handeln zahlreiche Fliegerromane dort und auch Sully suchte sich für seine Meisterleistung den Hudson River aus, wenn auch nicht freiwillig. Zum x-ten Mal sitze ich den eintönigen Nordatlantik aus, in freudiger Erwartung ob und wie sich die Skyline als Kulisse hinter dem John F Kennedy Flugplatz diesmal präsentieren werde. Und wieder ist gute Sicht und wieder knipse ich das wohl hundertste Foto und wieder wird der Bubentraum einmal mehr bestätigt. Mit etwas hämischer Schadenfreude, weil wegen der Grösse schon etwas neidisch, rollen wir am A380 der Äh-Airline (die Air France Kollegen sind bekannt für ihr stotterndes Englisch) vorbei, der von der Bodenkontrolle  quasi in die Ecke geschickt wurde, wegen zu zögerlichem oder falschem Befolgen der in rasender Geschwindigkeit gegebenen Roll-Anweisungen. Das ausbremsen des Riesenvogels  hatte zudem den praktischen Nutzen, dass wir auf eine raschere Einreise hoffen konnten, da ebenfalls ein Verdienst von Bin Laden selig, das Kontrollieren von mittlerweile vier Fingerabdrücken und der Vergleich der fotografierten mittlerweile müden Gesichter viel Zeit in Anspruch nehmen.

Eigentlich ziemlich verrückt das ganze. Am Horizont fehlen die zwei, wohl für ewig im Gedächtnis eingebrannten Türme die bis vor zehn Jahren die Skyline bestimmten, während wir erst eine Woche zuvor auf dem Rückflug von Bangkok am Funk ins nächtliche Pakistan hinunter riefen, unwissend dass unter uns der wohl ursächliche Urheber des Verschwindens eben dieser Türme und tausender Opfer von seiner Vergangenheit tödlich eingeholt wurde. Wie zutreffend im Nachhinein der lockere Spruch meines Copiloten: „Kein Wunder finden die da unten Bin Laden nie, so wie die funken.“ Nach dem Überfliegen der afghanischen Grenze, alle Scheinwerfer eingeschaltet, die Anmeldung bei Kabul, der Wiege der terroristischen Karriere Bin Ladens. In breitestem Texanisch, von wo aus tatsächlich der Luftverkehr ab Radarbild  koordiniert wird, bekommen wir die Überfluggenehmigung.

Mit der Tunnelausfahrt aus dem East River holt uns das pulsierende Manhattan mit dem ihm eigenen geschäftigen Vergessen in die Gegenwart zurück. Das markante UNO Gebäude mit ex Bundesrat Deiss, das wieder dominierende Empire State Building, the naked Cowboy der in knapper Unterhose bei allem Wetter mit seiner Gitarre am Time Square nie über einen Griff hinaus kommt wegen der Foto bereiten Touristinnen, der Kampf der riesigen Leuchtreklamen Smarties gegen  M&M  und die Menschenströme den Broadway hinauf und hinunter rund um die Uhr. Eigentlich hat sich wenig geändert. Dieselben Läden und Restaurants, das Phantom of the Opera ist immer noch im Programm und das T-Bone wiegt immer noch ein halbes Kilo, mit Knochen zu meiner Entlastung. Doch, etwas ist anders. Stand im Obama Wahlkampf auf den T-Shirts „yes we can“ so sind diese nun bedruckt mit „yes we did“ und zeigen uns, die wir uns mit dem eigenen Nationalstolz doch eher schwer tun, das Selbstbewusstsein und  Selbstvertrauen der Einwanderer Nation. Ja, wir können, wir machen und wir haben es getan, dokumentiert Amerika auf T-Shirts Stärke, den Glauben an die Zukunft und den Willen sich erfolgreich zu behaupten. Bei uns tönt es oft weniger selbstbewusst und zögerlicher. Ja wir senken die Steuern rühren mit der grossen Kelle an, au nein es kriselt lassen wir es lieber sein. Ja wir restrukturieren, aber es darf niemandem weh tun, also lieber beim alten lassen. Ja wir steigen aus der Atomenergie aus, aber vielleicht doch nur halb da Energiegewinnungsanlagen unser Landschaftsbild stören könnten. Nein wir wollen kein Endlager, aber wenn es halt sonst niemand will. Und was sicher ist, in New York würde an einem Tunnel das weniger als eine Meile misst nicht sieben Jahre lang gebaut.   

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