Am 29. August fand der Erstflug der DC-10 statt. Das dreimotorige Langstreckenflugzeug wurde für viele Airlines zum Standbein der Langstreckenoperation. Als erstes Verkehrsflugzeug verfügte es über einen Navigationscomputer wo ganze Flugrouten eingegeben werden konnten. Schwachstelle der Mondlande Technologie war die Speicherkapazität.
Es war nur möglich einen Sektor an Navigationsdaten zu laden. Wenn man aus diesem Sektor hinaus flog, musste die nächste Diskette eingelesen werden, was zehn Minuten in Anspruch nahm. Über dem europäischen Festland mussten mehrere solcher Data Searches durchgeführt werden wegen dem dichten Luftstrassen Netz mit vielen Wegpunkten. Auch die Steuerung war revolutionär indem die jeweilige Fluglage gegenüber dem Horizont automatisch beibehalten wurde bis sie vom Piloten verändert wurde. Das war, wie überhaupt das ganze Flugzeug, sehr Piloten freundlich. Airbus Flugzeuge behielten später, weniger logisch, den Bewegungsvektor. Eine Unfallserie wegen Frachttür Problemen führte zu einem Welt weiten Grounding obwohl etwa Swissair Maschinen gar nicht betroffen waren. Ansonsten war die DC-10 extrem langlebig. Die Swissair HB-IHH mit dem Schaffhauser Wappen wurde 1992 mit über 72000 Flugstunden ausgemustert und flog nachher noch einige Jahre bei World Airways weiter. Die Swissair setzte für die Langstrecken Operation ebenfalls auf DC-10. Durch die grosse Anzahl Maschinen, den zusätzlichen Betrieb des Balair Flugzeugs und ein äusserst attraktives Streckennetz mit schönen Destinationen und langen Aufenthalten war die DC-10 für viele Piloten das Wunschflugzeug. Zu Beginn des Flugtrainings in Shannon wurden wir vom Fluglehrer auf den Schritt von der zweimotorigen hektischen Europa Operation auf das Leben mit dem Langstreckenjet vorbereitet: „Der Kapitän denkt und entscheidet, der Flight Engineer arbeitet und du als Copilot fliegst einfach“, tönte schon mal gut. „Wenn ein Triebwerk aussteigt bestellt ihr zuerst einmal Kaffee, ihr habt ja noch Zwei“, wies er auf die viel grössere Redundanz der Systeme hin welche die Operation über grosse Meeres- und Wüstenstrecken sicher machten. Zu der Zeit war man im Cockpit anfänglich, meist bis zum ersten Bier, per Sie. Starten durfte der Copilot damals nicht, das war dem Kapitän vorbehalten der das Flugzeug erst nach dem Einziehen der Startklappen übergeben durfte. Ebenfalls war Bremsen nach der Landung Sache des Kapitäns. Das hat zum Glück geändert und lediglich Startabbruch und Rollen auf den Rollwegen wird ausschliesslich vom Kapitän durchgeführt. Lange Flüge wurden mit zwei Crews geflogen. Dass Kapitän, Copilot und Flightengineer den halben Flug schlafen konnten war sehr angenehm.
Die ganze Welt zu Füssen – viel Freizeit an Destination
Die DC-10 eröffnete fast die ganze Welt. Allein in Afrika waren es sechzehn Destinationen, heute gerade noch drei. Man war bis zu achtzehn Tagen unterwegs mit Aufenthalten an einzelnen Destinationen bis zu einer Woche. Entsprechend blieb Zeit für Ausflüge. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, gab es fast an jeder Destination Lieblingslokale wo man sich traf, ass oder den Abend ausklingen liess. Einige hatten richtig Kultstatus. Was an einem kürzlichen Treffen ehemaliger Piloten für Aussenstehende nach Pilotenlatein tönen mag, waren für uns lebendige Erinnerungen. So klärte sich, warum Fisi im Cockpit immer die orange Schirmmütze mit dem Aufdruck „Bird House“ trug. Die hätten ihm Stewardessen in der legendären Bird House Bar in Anchorage gekauft zum Aufsetzen im Cockpit. Die Bar war sehr beliebt vor dem Weg ins Hotel durch bittere Kälte, über knirschenden Schnee und sich immer nach hungrigen Eisbären umschauend. Die Wände waren Zentimeter dick mit Visitenkarten geschmückt und weibliche Unterwäsche zierten die Wände, der Boden war bedeckt mit Nussschalen. Die Bar brannte in den Neunzigern nieder. In Honkong war das Ned Kelly’s mit seinen Jazz Bands sehr populär in Kowloon. Später als wir ins Hotel auf Hongkong Island wechselten, traf man sich im Dusk till Dawn oder im Amazonias. in Rio schloss die Crew jeweils den Nachtflug im Atlantico ab. Man wartete in der Gartenbeiz neben dem Meridien Crewhotel bis man die Kollegen der Copacabana entlang Richtung Sao Paulo und Buenos Aires abfliegen sah. Diese natürlich möglichst tief um den Passagieren die Copa zu zeigen und sich selber den Kollegen. Am Abend entschied man im Atlantico übers Nachtessen im El Cid oder Marius und zurück vom Essen besprach man das Nachtprogramm. In Sao Paulo wurde nach jedem Hotel Wechsel ein sogenannter „scharfer Eck“ in einer Einheimischen Beiz zum Treffpunkt ausgewählt wo man zu jeder Tages- und Nachtzeit Kolleginnen und Kollegen traf. Auch gewisse Hotels hatten Kult Charakter und waren beliebt. Das Sun’n Sands in Bombay, Utalii in Nairobi oder Jebel Ali in Dubai.