New York – New York

Geschrieben von Markus Müller
Die übergrossen Steinmänner vor dem Rockefeller Center

Ich werde oft gefragt, wie ich mit Zeit Verschiebung, Nachtflügen und abrupten Klimawechseln zurecht komme. Im Moment habe ich tatsächlich Mühe. Seit Wochen fliege ich nur Nordatlantik und schlafe bald besser in den USA als zu Hause. Die Familie hat keine Freude und wohl auch die Regierung nicht, kommt mir doch der eine oder andere Vorstoss in den Sinn nachts. Miami, Newark, L.A., Miami, Sao Paulo, L.A., New York, Montreal, Chicago, New York. Meine pensionierten Kollegen werden sagen, „na und, haben wir auch gemacht.“ Aber mit dem Unterschied in vier Monaten während wir das heute in zwei abfliegen.

Die Erholungsphasen werden immer kürzer und die Nachfrage nach Direktflügen hat den Aufenthalt im Ausland viel kürzer gemacht und auf drei bis fünf Tage schrumpfen lassen. Nur wenn das Ticket ein paar Franken billiger ist, ist man plötzlich gewillt umzusteigen. Oder reist wie der Schweizerische Gewerbeverband zum vornherein mit einer ausländischen Airline nach China und sogar nach Genf dafür. Wie ist das mit der roten Einkaufstasche mit weissem Kreuz? Der Vergleich sei falsch, wehrte sich der Gewerbedirektor. Nicht der Preis sei ausschlaggebend gewesen, sondern die frühe Abflugzeit von Swiss ab Peking. Die KMU Chefs möchten eben nicht so früh aufstehen. Alles klar.
Trotz unbequemer Zeitverschiebung und Nachtflug liebe ich die New York Flüge. Gerade richtig zum Saisonstart mussten wir vor einer Woche den Umweg über Deutschland fliegen da die französischen Fluglotsen  streikten und sich damit gegen die Einführung der EU in ihrem Beruf wehrten. Das kostete uns Zeit und Kerosin. Der einheitliche Europäische Himmel für die Luftfahrt lässt wohl auf sich warten. Der Negativentscheid unseres Parlaments hat hingegen die Amerikaner nicht gross verärgert und wir dürfen, nachdem acht Fingerabdrücke und das Portrait Bild vom Computer akzeptiert wurden, einreisen. Am letzten Montag wurde im Kantonsrat langfädig diskutiert ob die Beilage über unser Paradies dem richtigen Medium beigelegt sei und besagte Familienzeitschrift das Ziel Publikum erreicht oder nur ein solches über sechzig Jahren und damit die Bevölkerung nach dem Wohnortswechsel dieser Leser noch älter werden lässt. Ich kann ein internationales Feedback geben. Besagte Zeitschrift, welche in unseren Langstreckenflugzeugen aufliegt bleibt meist unberührt im verschweissten Plastik drin, sodass der Run aufs Paradies von Ausländern ausbleiben wird. New York muss keine Standort Werbung machen. Manhattan überquillt in den Sommermonaten und lebt rund um die Uhr. Hingegen wird es wie wir auch von Finanznöten geplagt. Die Strassen werden immer desolater und riesige Metallplatten bedecken ganze Strassenabschnitte. Wachstum und Grösse allein können es also nicht richten. Allerdings könnte man in der amerikanischen Kultstadt alle fünfhundert Meter ein Wein Hotel füllen im Gegensatz zum Klettgau. Mein Lieblingsplatz ist der Time Square. Vor der Wolkenkratzer Silhouette bewerben die riesigen Videowände. Am traversierenden Broadway stehen die Leute Schlange für Musicals. Immer wieder taucht ein Film- oder Schlagersternchen auf, badet in der Menge und gibt Autogramme. Ehrfurchtvoll raunt die Menge „Sasheer is coming“.  Von einem halben Dutzend Bodyguards begleitet tänzelt sie durch die Menge. Lässt sich fotografieren. Unbeabsichtigt bin ich plötzlich zuvorderst und kann einem Foto mit ihr kaum ausweichen. Ein Begleiter spritzt mir Desinfektionsmittel in die Hände, der andere schnappt sich mein Handy und schon sind wir Zwei bereit zum Fotoshooting. Säuselnd fragt sie mich ob ich ein Fan von ihr sei und versteht die Welt nicht mehr, als ich ihr versichere keine Ahnung zu haben wer sie sei. Ich habe dann schonend nicht angefügt dass mir vor allem das Hände waschen vor dem Lunch sehr gelegen kam. Diesen habe ich dann im Bryant Park inmitten von hunderten von Büroangestellten und Touristen eingenommen. Tomatensuppe von der Sandwichbar mit einem Schuss Sherry und Basilikum. Zum Glück hatte ich zuvor ein altes Metall Poster von John Wayne gekauft und konnte es als Knietisch benutzen. Damit blieben die Hosen verschont im Gegensatz zum Hemd. Und einmal mehr lief mir der Naked Cowboy über den Weg. Nur in Unterhose und Cowboystiefeln spielt er Gitarre und posiert für Fotos. Zwei Dollar macht tausend Dollar am Tag habe ich gelesen. Aber er fand trotzdem Zeit sich mit mir zu unterhalten und erklärte mir seine bisher unerklärliche Omnipräsenz bei allem Wetter. Es gäbe noch fünf andere die ihm aber eine monatliche Gebühr entrichten müssten für seinen Markenamen. Unter seiner Marke beliefere er übrigens noch die Ostküste mit Austern. Seit zehn Jahren ist Robert John Burck im Geschäft. „Personal Branding ist heute alles“ klärte er mich auf. „Hauptsache du bist bekannt, dann kannst du jeden Mist verkaufen und Millionen machen“. Die Millionen der UBS werden übrigens gleich nebenan von riesigen Schweizer Stein Männern bewacht. So schlecht können wir Schweizer also nicht dastehen in den USA. Der Schweizer Künstler Ugo Rondinone findet, von Nespresso gesponsert, mit seinen übergrossen Steinmännern vor dem Rockefeller Center mit Sicht auf UBS grosse Beachtung. 

 

Anhänge:
Diese Datei herunterladen (Über den Wolken 6-13.pdf)Über den Wolken 6-13.pdf232 KB
Kategorie: