Kampfpilot Josef will nicht mehr in Afrika fliegen

Geschrieben von Markus Müller
Am Mount Cameroon vorbei führt der Weg zur Landung in Malabo.

Auf der Taxifahrt in Dallas sprachen wir kürzlich über Flugzeuge. Der etwa siebzigjährige Fahrer bekam glänzende Augen, hörte zu und beteiligte sich dann am Gespräch mit Fachausdrücken. Er sei in der Nigerianischen Airforce MIG21 geflogen, klärte er uns auf.  Die Ausbildung zum Kampfpiloten habe er in Moskau absolviert. Das politische System, die grosse Kriminalität und die schlechte Flugzeugwartung bei Air Nigeria habe in bewogen in die USA auszuwandern.

Dass er keine Zukunft in der dortigen Zivilluftfahrt sah verstehe ich. Swissair überholte damals eine DC-10 aus Westafrika. Das Flugzeug sah ziemlich übel aus mit massiven Korrosions Schäden. Mit Schweizer Einsatz wurde das Flugzeug termingerecht in fast neuwertigen Zustand gebracht. Da sich unsere Techniker weigerten mit den Nigerianischen Piloten den abschliessenden Testflug durchzuführen, mussten uns diese über die Schultern schauen. Sie meinten treuherzig, so lange wären sie nicht geflogen. Sie hätten auch kaum gemerkt, dass zwei Hydraulikschläuche falsch angehängt waren und sie wussten auch nicht, dass ihr einziges Langstreckenflugzeug auch automatisch landen konnte. Dass Josef nicht in Nigeria leben wollte ist ebenso verständlich. Wir stiegen in Lagos aus Sicherheitsgründen gar nicht aus sondern flogen nach der Zwischenlandung weiter nach Accra. Ghana ist schön und die Leute nett. Unser Mechaniker musste hingegen jeweils  in Lagos übernachten. Einmal kam er ziemlich verstört an Bord. Jetzt hätte tatsächlich auf dem Markt der Mob einem auf frischer Tat ertappten Dieb alte Autopneus über den Körper gestreift und diese angezündet. Ein anderes Mal, er flog jeweils im Cockpit mit zwischen Lagos und Accra, wurde er im Anflug kreidebleich. Es war wieder einmal einer dieser Anflüge zwischen Gewittertürmen und nur noch rot auf dem Radar und wie so oft bei heftigem Regen löschte die Anflug- und Pistenbeleuchtung ab wegen Stromausfall. Am Boden erklärte er sichtlich erleichtert, er habe vor ein paar Tagen im Cockpit einer anderen Airline als Vertragsmechaniker erlebt wie die Cockpitscheibe wegen Hagel in Brüche ging. Unser Fahrer Josef ist all dem entkommen. Er flog bis sechzig bei North West B737 und sattelte dann aufs Taxi um da, wie so oft in den USA, seine Pensionskassen Gelder im Chapter Eleven und der Insolvenz verschwanden. Am Ziel bestand er auf ein Foto unter Berufskollegen. Für seine Tochter die Flight Attendant sei, lachte er.


Schöne Flugbilder aber ungewohnte Gefahren
Schön ist, dass man in Afrika über wunderschöner Landschaft noch fliegerische Freiheit hat. Schlecht ist, wenn alle davon Gebrauch machen und nicht kommunizieren was sie machen. Die Bodenleitstelle ist ohne Bodenradar darauf angewiesen.  Nie werde ich den Anflug auf Malabo vergessen. Die Flüge auf die Insel vor Äquatorial Guinea waren eine Goldgrube. Wir flogen Arbeiter der Ölindustrie dorthin, mit den restlichen Passagieren ging es weiter nach Douala. Auf dem Rückflug nahmen wir wieder Ölleute an Bord. Die meisten flogen ab Zürich direkt nach Dallas. Bis Mutter Lufthansa befand, sie könne das Geschäft selber ab Frankfurt machen, worauf American ihren Dallas Flug einstellte. Das Wetter war gut und wir sahen die Insel schon von weitem in der Dämmerung. Der Anflug ist traumhaft. Am Mount Cameroon vorbei, über den Regenwald von Kamerun an die Küste, kurz über dem Meer die Sonne untergehen sehen und dann der Hügelkette entlang auf den Inselflugplatz absinken. Weich aufsetzen, checken dass die Spoiler ausfahren um den Auftrieb definitiv zusammen brechen zu lassen und die Hebel zurück für maximalen Umkehrschub um die Bremsen bei der heissen Aussentemperatur zu schonen. Und da das Unmögliche. Ein Fahrzeug bog vom Rollweg auf die Piste und kam uns entgegen. Vollgas und ziehen am Sidestick um wieder in die sichere Luft zu kommen war illusorisch mit ausgefahrenen Bremsklappen und Triebwerke auf vollem Umkehrschub. Also blieb nur der Versuch auszuweichen auf einer Piste die schmaler ist als unsere Spannweite. Irgendwie klappte es, wir blieben auf der Piste und das Fahrzeug verschwand unter dem Flügel und verfehlte zum Glück Fahrwerk und tiefliegendes Triebwerk der A330. Als wir still standen, schaute der Copilot wieder auf. Er habe die Augen geschlossen und sich nur noch festgehalten. Mit ziemlich weichen Knien rollten wir zum Standplatz wo wir von einer aufgeregten Bodenmannschaft empfangen wurden. Es sei ein Militärfahrzeug gewesen dessen Fahrer wohl davon ausgegangen sei, wir würden schon durchstarten wenn er sich zum befahren „seiner Piste“ entschieden habe. Er wurde  verhaftet aber die Untersuchung war Militärgeheimnis. Ebenso ruhig blieben die informierten Internationalen Luftfahrtorganisationen. Man wollte das Geschäft ja nicht schädigen. Anstatt wie üblich den Feierabend zu beschleunigen flogen wir gemächlich nach Douala. Zur Enttäuschung der vielen „Freundinnen“ die sich um einen scharren in der Hoffnung auf einen Drink,  handelte unser Gespräch auch beim Bier im Nachtklub St. Pierre vom Zwischenfall. Auf dem Rückflug nach zwei Tagen atmeten wir erst auf als es nach der Landung in Malabo nur noch wenige Meter zur Passagierbrücke waren. Doch da  rannte tatsächlich ein Mann mit ausgebreiteten Armen auf unser Bugfahrwerk zu, was zu einer  brüsken Bremsung führte. Der wild um sich schlagende Mann wurde von zwei Ramparbeitern eingefangen und weggetragen. Auf unsere vorwurfsvolle Frage meinte der Stationsmanager nur Schulter zuckend, der Mann sei Geistes krank aber da seine Verbannung vom Flugplatz Unglück bringe sei er halt zum Maskottchen und Glücksbringer geworden. Es würden aber immer zwei Leute auf ihn aufpassen. Heute sei er einfach kurz entwischt. Es lebe der afrikanische Voodoo Glaube.

Anhänge:
Diese Datei herunterladen (Über den Wolken 5-15.pdf)Über den Wolken 5-15.pdf558 KB
Kategorie: