45 Kolumnen habe ich, neben dem zuständigen Redaktor, auch jeweils Norbert Neininger zugestellt. Er interessierte sich lebhaft dafür und fast immer kam eine Bemerkung zurück. Vor fast fünf Jahren sprach er mich an, ob ich im Team der Kolumnen Schreiber mitmachen würde. Angedacht waren politische Themen. Im Vorgespräch landeten wir rasch bei der Fliegerei.
Norbert war begeistert von der Aviatik wie überhaupt von der Technik und begleitete in jungen Jahren auch Projekte des Neunkircher Flugzeugbauers Albert Neukom. „Warum schreibst du eigentlich nicht über Erlebnisse in der Fliegerei?“ Ja warum nicht. Der Titel war schnell geboren zur Kombination der zwei Leidenschaften Fliegen und Schreiben. „Gerne hätte ich in Bernds Biergarten in Bangkok ein Bier mit euch getrunken“ war ein mehrfacher Schluss seiner SMS. Es freut mich, dass ich Norbert auf dem Flug nach Bangkok einen Cockpitsitz bieten konnte und ein guter Tipp, wo er rasch, volkstümlich, authentisch und unverblümt Informationen über Land und Leute erhalten könne und dazu neuste Gerüchte aus Schaffhausen. Er verbrachte daraufhin mit seiner Frau, sie genossen es offenbar beide sehr, zwei Tage mit dem Büsinger in dessen Ferienhaus und schrieb: „Wir sind morgen in Chaam und essen mit einer Gruppe von Expats – das wird spannend. Herzliche Grüsse aus Hua Hin nach New York.“ Diese 46. Kolumne geht leider nicht mehr an Norbert.
Cockpit Zugang ist schwieriger geworden
An etwas so Faszinierendem wie die Fliegerei sollen möglichst viele teilnehmen können, war früher die Devise vieler Piloten. Mit der offenen Cockpit Tür konnte man Freude machen und Jugendliche begeistern für Berufe in der Aviatik. Der Anschlag 9-11 änderte das schlagartig. Cockpit Besuche von nicht dienstlich notwendigen Personen wurde verboten. Für die Schweizer galten natürlich wie immer die Vorschriften noch etwas strikter. Zum Glück sind Schweizer Piloten in dieser Hinsicht nicht immer typische Schweizer. Um legal Familienangehörige im Cockpit mitreisen zu lassen oder Freunden und Bekannten weiterhin die Welt der Fliegerin zeigen zu können, wurde die Auslegung gelockert und jeder Kommandant kann auf seinem Flug Ausweise ausstellen, die zum Eintritt ins Cockpit berechtigen. Natürlich nimmt man nur Personen die man wirklich kennt, die vertrauenswürdig sind und Bilder nicht gleich auf Facebook posten nach vorne. Oder auch hie und da einmal interessante Persönlichkeiten. Wie etwa auf dem Flug nach Miami. Mir fiel in der ersten Klasse ein ziemlich markanter älterer Herr auf, dem unschwer die Spuren eines langen Rockmusiker Lebens anzusehen waren. Er erwiderte den Gruss sehr freundlich und wir wechselten ein paar Worte. Neben ihm eine hübsche, deutlich jüngere Dame. Wir haben Iggy Pop an Bord, teilte mir der Maître de Caban ehrfurchtsvoll mit. Uns pilotischen Musik Banausen sagte das nichts. Uns war eher seine Begleitung aufgefallen. Von dieser schwärmte der M/C dann auch im Flug, wie er sich gut unterhalte mit ihr. Gut, er ist zwar näher dran als wir, aber wir haben den attraktiveren Arbeitsort. Ich zog die Krawatte straff, begab mich in die erste Klasse und bot dem Paar an, uns doch einmal im Cockpit zu besuchen. Wie zugegeben von uns bevorzugt, winkte er ab. Er würde vielleicht nach dem Film auf die Einladung zurückkommen aber seine Begleitung komme sicher gerne nach vorne. Was diese, offensichtlich dankbar für die Abwechslung, auch sofort tat. Eigentlich sollte der Copilot am Steuer ja mehrheitlich nach vorne schauen während ich die Dame auf dem Jump-Seat mit allen fünf Gurten sorgfältig anschnallte. Natürlich nur aus Besorgnis es könnte Turbulenzen geben. Sitz und Gurten haben es halt in sich und das weit über den Knien endende Röckchen wurde noch kürzer. Über zwei Stunden unterhielten wir uns vorzüglich mit Nina Alu. Plötzlich konnte der Copilot sogar segeln, als sie ihr Boot im Indian River erwähnte. Amerikanisch begeistert staunte sie ob den vielen Instrumenten in unserer A330: „Wow, unglaublich, zum ersten Mal im Cockpit.“ Letzteres war allerdings gemogelt, las ich nach der Landung in Google. Die Nigerianisch-Irisch-Stämmige war nämlich lange Jahre Flight Attendant bei US-Air. Nach YouTube abhören im Crew Bus ist die Musik von Iggy gut. Allerdings aus anderen Gründen, unterhielten wir uns auch mit Raisa Gobachev besser als mit ihrem Ehemann Mikhail, dem letzten Präsidenten der Sowjetunion beim Cockpitbesuch. Die sehr sympathische Russin sprach gut Englisch, er hingegen kein Wort. Pele verlangte selbstbewusst noch vor dem Start in Sao Paulo Einlass ins Cockpit und verteilte strahlend und ungefragt seine Autogrammkarten. Üblich ist, dass Mitglieder der Geschäftsleitung dem Cockpit einen Besuch abstatten. Eine gute Gelegenheiten auf Augenhöhe zu diskutieren. Gastfreundlich bieten wir natürlich unseren Chefs eine Erfrischung an. Als wir seine Bitte nach einem Gin Tonic ausschlugen mit der klaren Aussage es werde kein Alkohol getrunken im Cockpit, verliess er uns rasch. Er ziehe in dem Fall seinen Erstklass Sitz vor, was bei uns überhaupt kein bedauern hervor rief. Den Gin Tonic musste er übrigens allein trinken, da wir auch nicht auf seinen Hinweis mit dem Zaunpfahl reagierten, seine Freundin hätte bedauerlicherweise nur ein Business Ticket und könne leider nicht neben ihm sitzen.