Erstflüge bleiben in besserer Erinnerung als Letztflüge

Geschrieben von Markus Müller

Nach vierzig Jahren bin ich zum ersten Mal nach Key West zurückgekehrt. Damals war es quasi mein erster "Langstreckenflug". Eigentlich sollten wir als Bührle Ingenieure bei Martin Marrietta Airspace in Orlando ein Raketensystem entwickeln. Als das Ding dann beim Beschleunigen durch Mach 2, zweifache Schallgeschwindigkeit, instabil wurde trauten sie uns jungen ETH Absolventen zu wenig und holten ihren ehemaligen top Aerodynamiker, der ins lukrativere Immobiliengeschäft abgesprungen war, temporär zurück um das Problem zu lösen.

Was S.S. Chin mit einer einfachen Modifikation auch tat und wieder Häuser verkaufen ging im boomenden Florida. Die erhaltene Freizeit nutzte ich zum Fliegen. So eben dieser Flug mit Kollegen nach Key West. Ich schulte extra auf die Cessna 172 um da diese die grössere Zuladung als die Piper erlaubte. Die einmotorige Maschine überflog ich vorgängig von Orlando nach Kissimmee um mit der längeren Piste ohne eine Auftrieb mindernde Kurve fliegen zu müssen nach dem Start direkt über das Hindernis freie Sumpfgebiet der Everglades abfliegen zu können. Alles natürlich berechnet. Als späterer Linienpilot hätte ich allerdings etwas mehr Sicherheitsmarge eingebaut obwohl eine Motorenpanne so oder so bei den Alligatoren geendet hätte. Der Flug übers offene Meer, ohne natürliches Horizontbild, war mit amerikanischer Ausbildung und Blindfluginstrumentierung kein Problem. Allerdings für Alpenpiloten ohne Blindflugtraining nicht zu empfehlen. Die Nähe zum damaligen Todfeind Kuba erforderte genaues Einhalten der Lufträume und umfliegen des Seils an dem der Fesselballon zur Radarüberwachung Kubas hing. Vierzig Jahre später ist er ersetzt durch High Tech Antennen zur Überwachung des karibischen Raums inklusive Drogenschmuggel. Auf dem Flugplatz, wo damals wenige Kleinflugzeuge standen, reihen sich heute Privatjets und Linienflugzeuge ein. Aus den täglich anlegenden Kreuzfahrtschiffen strömen tausende Passagiere zum Ultrakurzbesuch an Land. Geblieben ist aber der geschichtsträchtige Charakter des ehemals durch Schiffwrack Bergung reichen Orts mit dem Haus Hemingways, Präsident Trumans Little White House oder dem ersten Verkaufsbüro und Gründungsstätte von Pan Am.

First Flight Pan Am

Aus dem original erhaltenen ersten Verkaufsgebäude von Pan Am ist das Restaurant und die Kleinbrauerei "First Flight" geworden. Eine Tafel erinnert an Pan American Flight No.1 am 28. Oktober 1927. Es war der erste internationale Linienflug überhaupt aus den US von Key West nach Havanna im neunzig Meilen entfernten Kuba und damit Grundsteinlegung der während langen Jahren führenden Airline die den Industriestandard setzte, Gründungsmitglied der IATA war und die Luftfahrtgesetzgebung prägte.1991ging Pan Am Konkurs. Zehn Jahre später folgte die gleichermassen hoch qualifizierte und dazu als gut finanziert geltende Swissair in die Nachlassstundung. Die nationale Airline prägte ähnlich massgeblich die schweizerische und internationale  Luftfahrt Gesetzgebung mit. Beide Airlines waren führend an der Entwicklung neuer Linienflugzeuge beteiligt und brachten ihre grosse technische, operationelle und pilotische Erfahrung bei Boeing und Mc Donnell Douglas ein. Damit könnten auch heute noch diverse Fehlentwicklungen, von Airbus Ingenieuren und Ökonomen eingeleitet und von anderen Herstellern nachgezogen, verhindert werden. Pan Am und Swissair fliegen nicht mehr aber leben weiter. Beidseitig des Ozeans werden weiterhin Accessoires verkauft. Viele internationale Passagiere glauben immer noch Swissair habe nur den Namen geändert. Hörbar ist die Veränderung da immer weniger Mundart gesprochen wird in Kabine und Cockpit. Auch für den Sachwalter lebt Swissair nach bald zwanzig Jahren lukrativ weiter, klagte er doch kürzlich, dass er grosse Summen an Negativzinsen zahlen müsse für Geld das offenbar vorhanden ist.

 

 

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