Absturz überschattet Jumbo-Abschied

Geschrieben von Markus Müller

Vor genau zwanzig Jahren traf sich die Swissair Familie zum Abschied vom Vorzeige Flugzeug Jumbo. Am Morgen landete die letzte Boeing 747 von ihrem Letztflug von Atlanta. Am Nachmittag stand sie majestätisch im riesigen Hangar bereit zum Abschiedsfest. Aufgeklebte Tränen unterhalb der Cockpit Fenster zeigten, dass der Abschied vor allem den Piloten schwer fiel. Obwohl ursprünglich als Militärmaschine konzipiert war das Flugzeug beliebt und schön zu fliegen. Wir vom technisch weit fortschrittlicheren DC-10 und MD-11 spotteten allerdings, mit so vielen Rädern könne man ja auch nichts falsch machen bei der Landung.

Ich selber zog die Douglas Jets dem grossen Flieger vor. Das Streckennetz war interessanter mit langen exotischen Aufenthalten. Zudem, sorry liebe ehemalige Jumbo Kollegen, bin ich nicht von kleiner Statur. Zweieinhalb Tausend Gäste fanden sich zur Verabschiedung ein. Den Ansprachen von Geschäftsleitung und letztem Chefpilot folgten Festmahl und musikalische Unterhaltung. Das Fest trug die Party-Handschrift von Swissair CEO, Jeff Katz. Von American Airline kommend brachte er in seinen  drei Jahren eine neue lockere Unternehmens Kultur in das Nationalheiligtum. Er kam beim weltoffenen fliegenden Personal gut an. Einige alte „Swissairler“ hatten eher Mühe mit dem Stil des ersten und einzigen ausländischen Swissair Chefs oder taten sich schwer mit der neuen Amtssprache. Bei einer Sitzung in seinem Büro zeigte er mir stolz den grossen Kasten im Fenster. Es sei die einzige Aircondition an der Fassade des Balsberg Verwaltungsgebäudes die er gegen den Widerstand der Baubehörden durchgedrückt habe. Ein absolutes Muss für einen Amerikaner. Man sagte dem Gebäude übrigens damals voraus, man würde bei Ausgrabungen nach der nächsten Eiszeit vermuten es habe eine Papierfabrik dort gestanden. Heute werden keine Luftfahrt Dokumente mehr erstellt sondern Skis und Velos verkauft. Man hätte besser mehr auf Katz als Kritiker der Hunter Strategie gehört. Nicht ernst gemeint aber doch bezeichnend beantwortete er denn auch die Frage nach seinem grössten Erfolg: „Die Einführung von gebrandeten Porzellan Kaffeetassen auf allen Flügen“. Er schied kurz nach dem Jumbo aus. Für halb sieben war der Pushback des Swissair Jumbos aus dem Hangar als Schlusspunkt der Feier geplant. Draussen bahnte sich allerdings dramatisches Unheil an. Sirenen heulten und Blaulichtfahrzeuge verliessen das Flughafen Areal. Eine Crossair Saab 340 stürzte, von der damals noch nicht mit Social Media erschlossenen Festgemeinde kaum wahrgenommen, kurz nach dem Start ab. Ein tragisches Ereignis das sich im Nachhinein durch eine Verknüpfung von Fehlplanung, Fehlanstellung, mangelhafte Ausbildung, schlechte Sprachkenntnisse, mangelhafte gegenseitige Überwachung, fehlende Cockpit Kommunikation und pilotischem Fehlverhalten erklären liess. Es war ein herber Schlag für die Schweizer Luftfahrt nach der Erholung  vom SR111 Absturz. Nach zwei guten Jahresergebnissen herrschte nämlich wieder Aufbruchsstimmung und es war geplant, die grosse Passagier- und Frachtkapazität der B747 mit der von Airbus angekündigten gestreckten Version A340-600 zu ersetzen. Die Sekundarschule Ramsen nahm mit ihrem flugbegeisterten Lehrer Arthur Meister das Thema auf und baute ein fast drei Meter langes Modell des zukünftigen Flaggschiffs. Zusammen mit der Taufurkunde, „Ramser Jugendliche glauben an die Zukunft der Swissair“, überreichte die dritte Sek Klasse dem damaligen Operationschef das Modell. Wunsch und Optimismus wurden leider vier Monate später durch das Grounding zunichte gemacht. Das Ramser Swissair Modell hängt aber auch nach neunzehn Jahren immer noch prominent im Piloten Planungsraum der Swiss. Die Option A340-600 wurde von der Swiss in der Folge  nicht eingelöst sondern die alte kleinere Version beschafft.  

 

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