Bei den momentan wenigen Flugzeugen über dem Kanton handelt es sich oft um Frachtflüge aus China mit Schutzmaterial das pflichtwidrig nicht vorsorglich beschafft wurde. Auch sonst hat Luftfracht plötzlich grosse Bedeutung bekommen als ein Lebensnerv der Wirtschaft.
Das hat damit zu tun, dass moderne Passagierflugzeuge grosse Frachtraumkapazität haben und neben eigentlichen Frachtflugzeugen eine wesentliche Menge der wachsenden Luftfracht befördern. Sie fehlen heute wegen Corona. Früher betrieb Swissair einen DC-9-33F Frachter mit der Immatrikulation HB-IFW. Wir flogen Maschinen, Wertsachen, Pharmazeutika oder lebende Hühner in Europa, dem mittleren Osten und Nordafrika herum. Mit den grösseren Rumpfdurchmessern moderner Jets wurden die Frachträume deutlich grösser und das Frachtgeschäft wichtiger Bestandteil von Passagierflügen. Fast alles bis zu lebenden Tieren und Autos wird so unter den Füssen der Passagiere in der Welt herum geflogen. Der Luftfracht können Viren nichts anhaben und Globalisierung und zunehmende Produktionsauslagerung in Billiglohn Länder machen sie unverzichtbar. Die jetzige Situation gibt Flugfrachtgesellschaften Auftrieb und ihre Piloten haben sicherere Arbeitsplätze als bisher, wo es oft unsichere Wartepositionen für eine Anstellung im Passagierflugsegment waren. An den typischen Frachtdestinationen Tokyo, Shanghai, Bombay oder Hongkong trafen wir die Frachtpiloten in den von Flight Crews gerne besuchten Lokalen. Neben dem gegenseitigen Austausch schätzten die Kollegen insbesondere die Anwesenheit unserer Flugbegleiterinnen. Swiss zieht in Erwägung Sitze ausbauen in Langstrecken Jets um mehr Fracht transportieren zu können. Diese Konstellation hatten wir jeweils wenn wir neue Flugzeuge in Kalifornien abholten und die Passagiersitze erst in Kloten eingebaut wurden. Nach Abschluss der Testflüge füllte sich die leere Röhre mit Flugzeugersatzteilen, Fahrrädern für den Velohandel eines Funktionärs, Surfbretter, Möbel, Harley Teilen, Autoersatzteilen und vielem mehr. Im Vorfeld kamen Anfragen von Kollegen oder Airline Angestellten, ob wir von ihnen bestelltes Material mitbringen könnten. Ein Kapitän bat mich, vier Reifen für einen seiner Ferraris mitzubringen. Vor Abflug informierte er, ich müsste sie allerdings beim Händler, in beachtlicher Distanz, abholen. Dieser bestätigte vorort, die Reifen seien am Lager müssten aber bar bezahlt werden. „Der kann mich mal, wenn einer Ferraris sammelt kann er auch die Reifen selber besorgen“, dachte ich mir. Wegen der kurzen Piste in Long Beach überflogen wir die MD-11 im zehn minütigen Hüpfer nach L. A. um hundert Tonnen Kerosine zu tanken für den Heimflug. Währendem wurden die Cargo Räume mit Hardware, Elektronik, Früchten, Gemüse und Fleisch gefüllt und der Transamerika und Nordatlantik Überflug rentabel gemacht. Das Catering rüstete die Bordküche für drei Piloten aus. Die US Filets mussten wir selber aufwärmen, was uns zwar das Feeling von echten einsamen Frachtpiloten gab, aber auch bestätigte, dass es viel angenehmer ist mit einer Kabinenbesatzung zu fliegen und dankbare und interessante Passagiere an Bord zu haben. Gerade spezielle Ereignisse wie Geburtstag, Weihnachten oder Sylvester mit einfallsreichen und tollen Crew Mitgliedern zu erleben sind bleibende Erlebnisse. Gerne erinnere ich mich, wie mir genau heute vor zwanzig Jahren Bob Dylan über den Wolken von New York zum Geburtstag gratulierte. Die bestandene Umschulung auf MD-11 in Toronto und den Abschluss der Kapitänsausbildung in Genf, ebenfalls zufällig am Geburtstag, mit der ganzen Crew zu feiern machten diese Ereignisse unvergesslich. Von den Flight Attendants im Cockpit singend einen persönlichen Geburtstags Dessert serviert zu bekommen ist sicher herzlicher als fünfzig Tonnen schweigsame Fracht im Rücken zu haben.