Die Jahresendzahl „eins“ hat es in sich

Geschrieben von Markus Müller

Am 26. März 1931 wurde die Swissair aus dem Zusammenschluss von Ad Astra Aero und Balair gegründet. Auffällig prägten die zehnjährigen Jubiläen immer wieder Meilensteine.

1951 wurde der regelmässige Linienverkehr nach New York aufgenommen. Die Reichweite der DC-6 machte Zwischenlandungen in Shannon und Gander nötig. Zehn Jahre später mussten einschneidende Sparmassnahmen eingeleitet werden. Der Schritt vom Propeller- ins Jetzeitalter baute weltweit Überkapazitäten auf und es wurde erstmals seit dem Krieg keine Dividende ausgeschüttet. 1971 landete der erste Jumbo B-747 in Kloten und läutete die Ära der Grossraumflugzeuge ein. Ein halbes Jahrhundert nach der Swissair Gründung begann für mich das Abenteuer Luftfahrt. Eigentlich wollte ich Flugzeuge bauen und fand nach dem ETH Studium einen Traumjob bei Oerlikon-Bührle als Aerodynamiker in Florida. Die Entwicklung des damals führenden Lenkwaffensystems ADATS, Air Defense and Anti Tank System, wurde leider von der Schweiz verschmäht und die Zukunft war ungewiss. Während den Kurzaufenthalten in der Heimat machte ich deshalb jeweils einen weiteren Selektionsschritt für die Schweizerische Luftverkehrsschule SLS auch um mir später nicht vorwerfen zu müssen es nicht versucht zu haben. Nach abschliessenden Checkflügen im Schneegestöber die ein eher schlechtes Gefühl hinterliessen, übergab ich meinen ahnungslosen Eltern ein eingeschriebenes Kündigungsschreiben das sie im Falle eines Anrufs aus den USA abschicken sollten. 1981 begannen wir sechs Flugschüler die Ausbildung. Zwei Ärzte, zwei Ingenieure, ein Geograph und ein Student stellten die Theorie Instruktoren öfters auf eine harte Probe oder liessen die Fluglehrer mit unseren Diskussionen zweifeln ob ein Flugzeug überhaupt so fliegt. Nach dem Flugtraining in Hausen am Albis auf Siat und Piaggio kannten wir fast jeden Passübergang bei jedem Wetter, in Normalfluglage oder auch auf dem Rücken. Zur weiteren Flugausbildung in Florida stiessen sechs Militär Berufspiloten dazu. Sie unterstützten uns im fliegerischen Selbstbewusstsein und waren für jeden Spass in der Freizeit zu haben während wir ihnen unter die Arme griffen in Trigonometrie, Astrionavigation und im Erlernen der Morsezeichen. Das schweisste zusammen und spätere zufällige Treffen irgendwo auf der Welt knüpften an gemeinsam erlebten Abenteuer an. Für elf junge Berufspiloten, einer wurde von Swissair nicht übernommen, begann eine einmalige fliegerische Karriere mit faszinierenden technologischen Entwicklungen, dem Aufbau neuer Destinationen, dem kennenlernen fremder Länder und Kulturen und dem Wandel von exklusiver Reiserei zum Massentransportmittel mit auch negativen Auswirkungen. Fliegen für jedermann, die 1991 stattgefundene Liberalisierung des europäischen Luftverkehres nach dem Muster der USA und der Wechsel der Langstreckenflotte von DC-10 zu MD-11 im gleichen Jahr führten dazu, dass die Airlines glaubten möglichst Direktflüge anbieten zu müssen. Zudem verlange der Geld bringende Business Passagier tägliche Frequenzen was uns die schönen zum Teil einwöchigen Aufenthalte nahm. Das befeuerte den ruinösen Preiskampf. Die Flugzeuge mussten um jeden Preis gefüllt werden. Schwach besetzte Destinationen konnten nicht mehr aufgefangen werden indem verschiedene Zielorte mit Sammelflügen effizient und Triebstoff sparend bedient wurden. Denkbar ist eine Besinnung auf alte bewährte Systeme nach der Pandemie. Die Befürchtungen der Airlines, dass sich Internet Meetings negativ auswirken auf den lukrativen Business Passagier Verkehr waren damals unbegründet. Das könnte nach dieser Pandemie allerdings anders sein da virtuelle Verhandlungen zur Gewohnheit geworden sind auch in Zusammenhang mit Homeoffice.
2001, das schwarzes Jahr mit der verflixten eins am Schluss
Im siebzigsten Jahr kam der Schock Swissair Groundung. Ich erinnere mich wie uns kurz davor auf dem Flug nach New York Ulrich Bremi im Cockpit besuchte. Er leitete damals die Arbeitsgruppe Refinanzierung der Swissair. Er blieb zweieinhalb Stunden im Cockpit. Es ist eine Erfahrung, dass im Cockpit weit über den Wolken viel offener gesprochen wird als es sonst Politiker und Manager tun würden und es wurde schon manches Geheimnis vertraulich gelüftet. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich leider. Viele Parallelen zur heutigen Situation leben auf. Während es damals für die meisten von uns relativ glimpflich ablief ist die Situation heute in einer weltweiten Betroffenheit viel schwieriger und die Zukunft ungewisser. Gleich alt wie die Swissair wäre, ist Michail Gorbatschow. Der russische Politiker und Staatspräsident der Sowjetunion der den kalten Krieg beendete, wurde am 2. März neunzig. Am 14. Januar 1998 flog er mit uns nach Moskau und verbrachte längere Zeit mit seiner Frau Raissa im Cockpit. Er veränderte nicht nur die Welt sondern auch die Fliegerei. Plötzlich konnten wir Grenzen überfliegen die vorher tabu waren. Es wurde möglich direkt nach Japan oder China zu fliegen ohne den Umweg über den Nordpol mit Zwischenlandung in Anchorage machen zu müssen. Destinationen in den ehemaligen kommunistischen Staaten konnten angeflogen werden. Erstaunt waren wir von der ungezwungenen Unterhaltung und wie er ohne sichtbare Sicherheitsbegleitung unser Passagier war.   

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