Nationalfeiern, Geburtstage und Jubiläen

Geschrieben von Markus Müller

Nationalfeiertage, ob Schweizer oder vom Aufenthaltsland, waren Höhepunkte für die Flugzeug Besatzungen. Im Moment sind es allerdings eher traurige Feiern, stehen doch die Crews in vielen Ländern unter Hotelzimmer Corona Arrest während dem ganzen Aufenthalt.

Während der Pilotenschule in Florida vor vierzig Jahren erlebten wir den Festumzug zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli. Als die bunt und phantasievoll geschmückten Fahrzeuge und Personengruppen, vom Kleinkind bis zum Oldtimer, vorbei waren verzog sich die Zuschauermenge in die vielen Strassenbeizen und gegen Abend in die Strand Restaurants. Der Kollege mit Checkflug am andern Tag war der Pechvogel. Die Festivitäten in Washington, damals Swissair Destination, war weniger bunt und erinnerte durchorganisiert und mit Absperrungen an den Regierungssitz. Mehr Stimmung herrschte am Nationalfeiertag Kenyas. Zwar nervten den ganzen Tag über Flugzeug- und Helikopterformationen über der Stadt. Am Abend feierte in unserem Hotel gleichzeitig die Tusker Bier Brauerei ihr Jubiläum und nahm das riesige Freiluft Restaurant mit Bühne ganz in Beschlag. Kein Problem winkte uns, die wir neugierig einen Blick hinein werfen wollten, die Eingangskontrolle herbei. Sie forderten uns auf, das riesige Gratulationsschreiben an die Brauerei zu unterschreieben, dann seien wir dabei. Tusker Bier à Diskretion, ein vielfältiges Buffet mit Game (Fleisch von Wildtieren) von Antilope bis zum Alligator und traditionelle afrikanische Darbietungen wurden erst um Mitternacht durch ein riesiges Feuerwerk unterbrochen. Weiter ging es mit Tusker nach deutschem Reinheitsgebot. Wir flogen die andere Nacht als Passagiere mit einem Airbus heim, da wir den letzten MD-11 Flug von Zürich brachten.
Um den Schweizer Nationalfeiertag gebührend zu feiern hatten wir früher, heute völlig undenkbar, Feuerwerk im Gepäck. War man in Genf oder Basel blieb die Crew meist im Crew Hotel unter sich während es im Ausland viel vaterländischer zuging. Oft wurde die Crew von der Schweizer Botschaft eingeladen. In Peking überreichte uns der Botschaftsangestellte bereits im Flugzeug die Einladung, als er die Diplomatenpost abholte, die wohl einen Teil der Erstaugustverköstigung enthielt sowie die Ansprache des Bundesrats Präsidenten damals noch auf Kassette. Voraussehend, dass es eine formelle und vornehme Feier geben würde, erstanden der Flight Engineer und ich uns auf der Velotour durch Peking Seidenkrawatten. In der Lobby warteten wir mit unseren schick gekleideten Flight Attendants auf den Kapitän. Aus dem herunter schwebenden Glas Lift musterte er uns und entschwand wieder nach oben. Nach geraumer Zeit stiess er dann zu uns, wir mussten das Lachen unterdrücken, mit der umgebundenen Uniform Krawatte. Neben den vielen Vertretern ausländischer Botschaften und Firmen schienen kanadische Bergwerkingenieure froh zu sein sich nicht nur mit den ihnen im Alltag zugeteilten chinesischen Gesprächspartnern unterhalten zu müssen. Sie luden uns spontan ein sie am anderen Tag am Ausflug an die chinesische Mauer zu begleiten. Das pure Gegenteil war der erste August in Tansania und in Rio mit viel Farbe und Folklore. In Dar es Salaam traf sich die kleine Schweizer Gemeinde in der Botschaft mit der Weltdiplomatie. Neben einheimischer Kulinarik gab es gegrillte Cervelats, Raclette und Fendant. Die englische Ansprache von Ueli Maurer war ganz okay und die lokale Band versuchte sich an unserer Hymne. In Rio hat es viel mehr Schweizer als in China oder Afrika. Wir zogen deshalb die privat organisierten Feiern den etwas steifen Anlässen in der Botschaft oder im Schweizer Club vor. Samba Rhythmen passten auch eher zur Copacabana und den mitfeiernden Brasilianern und Brasilianerinnen als Schweizer Volksmusik oder die Landeshymne. Im Flug am ersten August über die Schweiz lassen die vielen Höhenfeuer und Feuerwerke Besatzung und Passagiere an den Fenstern kleben.    
Geburtstage die es nicht zu feiern gibt
Im Airline Geschäft gibt es im Moment wenig zu feiern. Die Swissair wäre dieses Jahr neunzig Jahre alt geworden. Das Grounding mit nachfolgender Nachlassstundung vor zwanzig Jahren ist ebenfalls kein Grund zum Feiern. Ob Swiss nächstes Jahr das zwanzig jährige Jubiläum mit Freude oder eher in Zurückhaltung begehen wird hängt wohl von kaum beeinflussbaren Faktoren ab. Sich an diese Zeit zu erinnern und daraus zu lernen lohnt sich hingegen. Ähnlich wie vor zwanzig Jahren ist die Luftfahrt Industrie unter Druck. Laut Medien bieten sich selbst ernannte Luftfahrt Experten von damals als Berater an. Darunter genau die welche die junge Swiss fast wieder in den Boden gefahren haben und nur der Ausweg Kauf durch Lufthansa blieb. Ich hatte damals einen MD-11 Flug nach Cairo. In der ersten Klasse sass der CEO mit seiner Familie. Ich kannte ihn aus seiner früheren Crossair Zeit ziemlich gut und lud ihn ein, uns im Flug im Cockpit zu besuchen. Ich kündigte den Besuch meinem Copiloten an. Der sah mich gross an: „Das kommt für mich überhaupt nicht in Frage, seine Anwesenheit im Cockpit würde die Flugsicherheit tangieren“. Da mit Cockpit Besuchen beide einverstanden sein müssen und ich auch nicht sehr daran hing, lud ich ihn halt wieder aus. Wie damals finden übrigens auch jetzt wieder Gründungen von neuen Billig Airlines statt. Die etablierten Gesellschaften lagern zu dumping Preisen Flüge an diese aus und fallen damit dem eigenen Personal in den Rücken. Swiss wirbt sogar bei ihren Flight Attendants, sich bei einer solchen neuen Lufthansa Charter Tochter zu bewerben, für 2000 Euro im Monat. Piloten welche bei solchen Firmen anheuern haben oft die erprobte Selektion von erfolgreichen Airlines nicht bestanden und können langfristig ein Sicherheitsrisiko darstellen. Eine Airline zu gründen übt auf Flug begeisterte Investoren offenbar eine Faszination aus, obwohl die Lebensdauer oft sehr kurz ist. Auch Diverse Schweizer Airlines haben in der Vergangenheit ihren ersten Geburtstag nicht erlebt. Ich fragte einmal bei einem Nachtessen Samih Sawiris weshalb er keine eigene Airline besitze für seine ägyptischen Ressorts. Er antworte lachend: „Ich habe ein paarmal versucht eine Airline zu gründen, bin immer gescheitert und werde es nie mehr tun.“

 

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