Luftfracht ist ein wichtiger Bestandteil des Luftfahrtgeschäfts und auf einigen Strecken entscheidend über die Rendite. Zu Beginn meiner fliegerischen Tätigkeit betrieb Swissair mit einer Mc Donnell Douglas DC-9-33F ein Frachtflugzeug. Die HB-IFW wurde 1984 nach fünfzehn Jahren an die Airborne Express unter der amerikanischen Immatrikulation N931AX verkauft. Es waren spezielle Flüge, nur schon wenn man beim Öffnen der Cockpit Türe in eine Sitz lose Röhre blickte. Es war keine Kabinen Besatzung da die den wach haltenden Kaffee brachte denn oft waren es Nachtflüge an Destinationen ohne Nacht Lande- und Startverbot.
Das hiess am späten Abend in Zürich starten und am frühen Morgen wieder landen. Dazwischen Fracht ein- und ausladen in Mailand, Rom, Ankara, Manchester, Glasgow, Amsterdam oder mittleren Osten. Am nächtlichen Himmel war es ziemlich einsam. Erst gegen morgen meldeten sich Propeller Maschinen welche Tageszeitungen herumflogen. Als wir bereits über England die Bewilligung erhielten direkt Kurs auf den Chocolate Point, den Schokoladen Punkt, zu nehmen schauten wir einander fragend an und suchten vergebens einen solchen Navigationspunkt in unserer Luftfahrtkarte. Auf die etwas verlegene Nachfrage ob er uns einen Kurs geben könne und überhaupt sagen könne wo dieser Punkt liege, erklärte uns der Fluglotse, es sei die markante Ecke der Luftkontrollraumgrenze der Schweiz zu Frankreich. Zum Glück hatten wir einen Winkelmesser in der Pilotentasche um uns nicht ganz bloss zu stellen und diese exklusiv für Schweizer Flugzeuge angebotene Abkürzung quer durch halb Europa die auf keiner Karte existierte zu fliegen. Einen Navigationscomputer gab es in der damaligen DC-9 nicht. Tagsüber wurde das Flugzeug oft zum Training von Jungpiloten eigesetzt. Landetraining in Kloten, Basel, im nahen Frankreich oder für längere Ausbildungssessions in Malta oder Maribor. Die Ladungen waren sehr unterschiedlich. Von Maschinen, Instrumenten, Lebensmitteln, Blumen oder Pharmazeutika bis zu Kisten mit staubenden und stinkenden Hühnern. Oft transportierten wir Banknoten für verschiedene Nationalbanken aus Schweizer Druckpressen oder Gold. Letzteres füllte dabei wegen dem grossen Gewicht der Goldbarren den grossen Frachtraum nur zu einem kleinen Teil. Wichtig war die gute Sicherung der Ladung da ein unbeabsichtigtes verschieben und dementsprechend geänderte Schwerpunktlage speziell in der Startphase tödlich gewesen wäre. Der Vorteil des Frachtflugzeugs war, dass der Frachtraum zugänglich war etwa im Falle eines Feuers. Mit dem wachsen der Flugzeuge zu sogenannten Wide Bodies wurden die Frachträume unter dem Passagierbereich und die Frachtraumtüren viel grösser, sodass Paletten eingeladen werden können. Hunderte Koffer von Passagieren mussten nicht mehr mühsam in gebückter Haltung aufgeschichtet werden. Damit bekamen die Passagierflugzeuge viel mehr Fracht Kapazität. Der Kombi Jumbo, mit der Möglichkeit den hinteren Teil des Passagierraums in einen Frachtraum umzubauen, konnte abgelöst werden da in der neuen Generation von Passagierflugzeugen fast alles geladen werden kann vom Auto bis zu grösseren Tieren. Lamas in Buenos Aires, sechzehn Tonnen Rindfleisch in Rio oder 3015,4 Kilogramm Gold und 34 Kilogramm polierte Diamanten entnehme ich aufbewahrten Ladeblättern.
Angst vor Rauch und Feuer fliegt mit
Piloten und Flight Attendants üben in den jährlichen Refreshern das Löschen von Feuer an Bord. Im Training Center kann der Instruktor im Mockup ferngesteuert in der Küche, auf der Toilette oder im Handgepäckfach Rauchgeneratoren aktivieren und Gasfeuer entfachen. Mit Training und Ausrüstung ist man gegen auftretendes Feuer im zugänglichen Bereich gut gewappnet. Anders im Frachtraum der in der Luft nicht zugänglich ist. In den neunziger Jahren schreckte der Absturz einer DC-9 von ValuJet in Florida auf. Ein Brand im Frachtraum zehn Minuten nach dem Start verursachte starke Rauchentwicklung und das Feuer weitete sich rasch auf elektrische Leitungen aus. Als eine Lehre rüstete Swissair die Frachträume ihrer MD-80 mit Rauchmeldern aus. Nach deren Ausflottung übernahm Crossair einige Flugzeuge. Zum Entsetzen und Unverständnis von uns Piloten und Techniker baute der neue Betreiber die Rauchmelder aus um Gewicht zu sparen und ein paar Kilo mehr Fracht laden zu können sowie Wartungskosten zu senken. Der unbegreifliche Abbau von Sicherheit wurde in Kauf genommen mit der Ausrede man fliege nicht übers Meer. Heutige moderne Verkehrsflugzeuge sind durchwegs mit Rauchmeldeanlagen wie auch mit Löschvorrichtungen in den nicht zugänglichen Orten wie Frachträumen, Triebwerken oder Elektronikabteilen ausgerüstet.
Die grossen Frachtmengen werden aber nicht in der Luft sondern auf dem Meer verschoben. Unser Hotel während dem Los Angeles Aufenthalt ist in Long Beach nahe dem Container Hafen in der San Pedro Bucht. Auf 13 Quadratkilometern werden jährlich gegen acht Millionen Container abgefertigt und auf Sattelschlepper umgeladen. Es ist neben dem unmittelbar daneben liegenden Hafen von L. A. der zweitgrösste Containerhafen der USA. 66 riesige Krananlagen entladen die Schiffe. Die Anlage ist aus der Luft in der Linkskurve nach dem Abflug von L. A. beeindruckend und auch aus der Nähe betrachtet ist der 24 Stunden Betrieb faszinierend. Dazu bietet sich Gelegenheit von der daneben liegenden Strandsiedlung San Pedro. In unzähligen Open Air Restaurants werden frische Meeresfrüchte frisch zubereitet und serviert. In den grossen Vitrinen kann man sich den Fisch, die Muscheln, Krabben oder was immer einem gelüstet auslesen. Oder man wählt im Aquarium einen Lobster aus. Das Gewicht bestimmt den Preis. Man kann die Art der Zubereitung wünschen sowie die Zutaten auswählen. Neben dem vorzüglichen und preiswerten Essen ist die illustre Gästeschar eine zusätzliche Unterhaltung. Darunter Hafenarbeiter, Arbeiter und Angestellt der umliegenden zahlreichen Industriebetriebe sowie viele Familien, oft mit mexikanischem Hintergrund. Kaum Touristen aber eben auch Swiss Crew Mitglieder.