Ein Händedruck von Gorbatschow

Geschrieben von Markus Müller

Über einen unvergesslichen Händedruck und das Energiesparen beim Fliegen
Ich habe vielen Politikern die Hand gereicht. Einer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Am 14. Januar 1998 sass völlig unauffällig und oder Bodyguard Michail Sergejewitsch Gorbatschow mit seiner Frau Raisa im Airbus von Zürich nach Moskau.

Natürlich habe ich ihn persönlich begrüsst und er reichte mir spontan die Hand. Ein warmer herzlicher Händedruck. Ich habe die beiden für einen Besuch ins Cockpit eingeladen, wir würden uns freuen und geehrt fühlen. Gorbatschow und seine Frau wurden dann tatsächlich in Reiseflughöhe vom Kabinenchef nach vorne begleitet. Ich sehe sie noch vor mir als wäre es gestern gewesen und bin auch etwas stolz mich fast eine halbe Stunde mit dem letzten Staatspräsidenten der Sowjetunion und Friedensnobelpreisträger unterhalten zu haben. Vor drei Wochen ist er verstorben. Einen anderen Händedruck einer geschätzten Person vergesse ich ebenfalls nicht. Ich habe grosse kräftige Hände aber meine Hand ist förmlich verschwunden in der kräftigen Arbeiterhand  von Bundesrat Willi Ritschard. Es sind bleibende Erinnerungen die von mir im persönlichen Flugbuch wo alle Flugstunden und Landungen dokumentiert sind festgehalten wurden.
Energie Dauerthema, nicht erst heute
Der Kerosin Verbrauch ist in der zivilen Luftfahrt ein wesentlicher Kostenfaktor. Je weniger Treibstoff geladen werden muss umso mehr Passagiere und Fracht kann können befördert werden und je kleiner der Verbrauch ist, umso grösser ist die Reichweite. Die technischen Entwicklungen der Industrie zur Effizienz Steigerung der Flugzeuge und Triebwerke und die verbrauchsbewusste und verantwortungsvolle Planung und Durchführung des Flugs durch die Piloten kommt der Rentabilität der Fluggesellschaft und auch der Umwelt zugute. Früher wurde aus Freude Vollgas gegeben um Kollegen zu überholen und zuerst anzukommen mit der Konsequenz, dass Warteschlaufen geflogen und unnötig Treibstoff verbrannt werden musste vor der Landung. Das ist vorbei. Entsprechend Gewicht und Flughöhe wird mit ständig angepasster optimaler Geschwindigkeit geflogen um den Verbrauch zu minimieren. Nach sorgfältigem Studium der Wetterunterlagen, der Streckeninformationen und des Verkehrsaufkommen wird der Flug mit entsprechenden Reserven geplant. Möglichst wenig da jedes Kilogramm mitgeführtes Kerosin bis ein halbes Kilogramm zusätzlich verbraucht. Unvorgesehenes kann rasch zu einem schmerzhaften Mehrverbrauch führen. Einem Schaffhauser Kollegen ist das letzte Woche passiert. Er musste unerwartet zwanzig Minuten in den Warteraum Boston, zweieinhalb Tonnen Sprit weg, wegen der blauweissen Air Force One. Er hat darauf das Bild des Navigationsbildschirms mit den wartenden Flugzeugsymbolen darauf auf Instagram gestellt mit dem Kommentar „Waiting for Mr. President to leave  Boston …“. Zu seiner grossen Verwunderung wurde der Eintrag kurz darauf entfernt als unstatthaft. Mir passierte dasselbe in L.A. als Obama landete. Also lieber den VIP im eigenen Flugzeug.    
Zum Glück kein VIP vor Landung     
Vor 35 Jahren mussten wir eine DC-9-81 in Lomé (Togo) holen. Die Winterflugsaison hatte für die Reisebürobranche begonnen und das erste Flugzeug flog voll beladen nach Afrika und leer mit uns zurück. Die Reise dorthin war bereits abenteuerlich. Mit Swissair flogen wir nach Abidjan in der Elfenbeinküste und übernachteten dort. Am andern Tag verpassten wir fast den Weiterflug mit Air Afrique da uns der Zöllner trotz Uniform nicht durchlassen wollte. Nachhelfen mit ein paar Parfums, etwas Kleingeld und schlussendlich der Swatch des Kapitäns zeigte mir wie die Abläufe südlich des Äquators beschleunigt werden. Der Flug mit dem leeren Flugzeug war mit einer Zwischenlandung auf dem Wüstenflugplatz Ghardaia in der algerischen Sahara geplant um aufzutanken. Mit der Idee das könnte man doch vermeiden und durchfliegen um Zeit und Kosten zu sparen machten wir uns an die Flugplanung. Geht nicht, lautete die Antwort der Flugplanung in Zürich. Der Hersteller sieht diese Reichweite nicht vor und die Kapazität der Tanks lässt es gar nicht zu. „Die können uns mal, wir fliegen einfach los“, nickten wir einander zu und beauftragten den mitfliegenden Mechaniker die Tanks bis zum Überlaufen zu füllen. Schlussendlich ein paar hundert Liter mehr als in den Handbüchern stand. Wir überflogen Ghardaia mit der Option eines Tankstopps in Alger. Wir tasteten uns weiter vor, immer Wetterberichte abhören und den Kerosin Verbrauch neu berechnend bis Mallorca, Nizza, Genf und entschlossen uns, nachdem wir mit einem immer neu optimierten Flug gespart hatten zur Landung in Zürich nachdem wir die Landepriorität und alle möglichen Abkürzungen zugesagt bekommen hatten. Nach 6 Stunden und 19 Minuten setzten wir auf, gerade noch die gesetzliche Reserve an Bord die ein Durchstartmanöver mit einem weiteren Anflug erlaubt hätte. Die Firma hat gespart aber trotzdem wurden wir gerügt, da sich Ghardaia über das versprochene aber entgangene Geschäft beschwerte. Heute könnte man das mit jedem Kurzstrecken Jet locker machen.  
Grosse und doch kleine Zahlen    
Die Technik hat enorme Fortschritte gemacht mit einer riesigen Effizienzsteigerung zugunsten der Umwelt. Ein moderner Langstrecken Jet, zu dem es keine Alternative gibt auf dem Boden, verbrennt heute 2,8 Liter Kerosin pro Passagier für einhundert Kilometer und stösst dabei 7 Kilogramm CO2 aus. Ein Drittel weniger als die Reise im Kleinwagen benötigen würde. Ich habe überschlagsmässig ausgerechnet wieviel Kerosin ich im gesamten verbraucht habe. 102400 Tonnen was über 4000 LKW entspricht. Dabei habe ich bei einem Luftdurchsatz von 32,36 Mio. Tonnen Luft 323500 Tonnen CO2 ausgestossen. Das tönt nach unheimlich viel. Aber eben auf Passagierkilometer herunter gebrochen liegt es im Rahmen eines Kleinwagens. Die Entwicklung geht weiter. Kurz- und Mittelfristig werden Flugzeuge mit synthetischem Kerosin (Sutainable Aviation Fuel) CO2 neutral betrieben werden können. Solche alternative Brennstoffe, seien sie biologisch oder aus CO2 der Atmosphäre entnommen hergestellt, können bereits heute mit den verbrennungstechnisch einfachen Turbostrahl Triebwerken verwendet werden als Ersatz oder beigemischt. Um die Klimaziele zu erreichen macht es Sinn am Boden elektrisch zu fahren und in der Luft mit synthetischem Treibstoff zu fliegen.  Übrigens werden biologische Kraftstoffe in Brasilien schon lange verwendet. Wenn ich in Rio oder Sao Paulo an einer vielbefahrenen Kreuzung stehe sticht nicht ein beissender Rauch in die Nase sondern es riecht eher wie in einer Schnapsbrennerei. Also gar nicht so unangenehm. Seit der Erdölkrise in den siebziger Jahren wird Zuckerrohrschnaps (Ethanol) als Benzinersatz verwendet. Wenn wir uns bei Mama Rosa an der Copacabana einen Caipirinha genehmigten roch es vor der Bar intensiver nach Cachaca als drinnen.  

 

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