Umgang der Airlines mit Markenprodukten

Geschrieben von Markus Müller

Über bekannte und weniger bekannte Produkte im Linienflugzeug
Heute sind es Influenzer die auf Brands und Trends aufmerksam machen, früher waren es oft Airlines mit ihren Flugbegleiterinnen und dem Bordverkauf. Es gibt Brands die muss man zwingend im Bordservice führen wie Coca Cola oder Heineken. Als die zuckerarmen Getränke aufkamen hatten wir, wohl ein Versehen des Catering Betriebs, auf dem Flug Atlanta – Zürich nur Diet Coke geladen. Zufälligerweise war eine Gruppe Angestellter der Coca Cola Company, die ihren Hauptsitz in Atlanta hat, an Bord. Es waren Mitarbeiter die für besondere Leistungen belohnt wurden. Die Stimmung war ziemlich im Keller als sie mit dem für sie zum damaligen Zeitpunkt offenbar minderwertigen Diet Produkt vorlieb nehmen mussten.

Kein richtiges Coke in ihren Augen. Was für Amerikaner Coca Cola ist, ist für Schweizer Rivella. Danach frägt man aber vergeblich an Bord von Swiss Flugzeugen. Die ausländischen Passagiere würden es weder kennen, nachfragen noch schätzen und es gebe keine Bestrebungen unser Nationalgetränk international zu promoten. Wegen fehlender Nachfrage würde nur Ballast in der Welt herum geflogen. Immerhin  wurde ein Navigationspunkt in der Gegend von Rothrist mit „RIVEL“ benannt wobei der Bezug natürlich nur Schweizer Piloten bekannt ist. Appenzell hingegen kennen mittlerweile die ausländischen Passagieren als Bierbraukanton aus dem Bierangebot auf Langstreckenflügen.
Auch Schaffhauser Weine haben es geschafft
Im Rahmen der wechselnden Menüs von Spitzenköchen aus Schweizer Kantonen standen zu den Kreationen von André Jäger Schaffhauser Weine zur Auswahl. Nach dem Start in Los Angeles genossen die Passagiere hoch über den Lichtern von Las Vegas den Apero. Das Flight Attendant aus der ersten Klasse verwöhnte uns ebenfalls mit feinen Häppchen, natürlich zu Wasser. Ein Passagier habe sich wahnsinnig gefreut über den Löhninger Riesling-Sylvaner, berichtete sie. Der USA Auswanderer sei gebürtiger Löhninger. Als ebensolcher, dort wohnhaft und Hobby-Rebbauer bat ich ihn natürlich ins Cockpit. Tatsächlich wuchs sein Vater in Löhningen auf und die Familie besitzt immer noch Reben und Land. Jakob S. genoss über den Wolken nicht nur den Wein aus seinem Heimatort, er lernte auch seine spätere Ehefrau, ein Flight Attendant aufgewachsen in Siblingen, auf seinen Geschäftsflügen kennen. Den Kontakt pflegen wir noch heute. Ich habe im Rahmen der Gourmet Wochen mit den Lieferanten von Schaffhauser Wein, Bier und Spirituosen das Operationscenter besucht wo die Flight Crews ihre Flugvorbereitungen machen und sich über die zu servierenden Produkte informieren. Es war ein lustiger Ausflug da jeder sein Produkt mitnahm von der Weinflasche über das Bierfässchen bis zur Schnapsflasche. Es brauchte zwar etwas Überzeugungsarbeit, dass der Zöllner am Crew Zoll uns Nichtuniformierte durchliess nach dem Versprechen, wir würden alles wieder zurück bringen und weder selber trinken noch ausschenken. An verschiedenen Langstreckenflugzeugen liessen sich Mechaniker und Sicherheitspersonal erstaunt aber bereitwillig einspannen fürs Fotoshooting (Bild von 2004). Kleines braunes Fläschchen als Türöffner
Die grossen Tuben mit Handcrème von la Prairie Switzerland in der Erstklasstoilette sind äusserst beliebt. Sie müssen öfters ersetzt werden von der Kabinen Crew, nachdem sie nicht nur gebraucht sondern auch  stibitzt werden. Piloten sind als Übeltäter nicht auszuschliessen. Ich habe ich immer noch einen Vorrat davon. Zahnpaste der Neuhauser Firma Trybol stand den Swissair Passagieren zur Verfügung. Ob sich das auf den Bekanntheitsgrad ausgewirkt hat weiss ich nicht. Auf Swissair Langstreckenflügen lag jeweils eine Box mit kleinen „Azzaro pour Homme“ Fläschchen auf. Das von den Parfümeuren Gerard Anthony und Richard Wirtzt 1978 kreierte Parfüm traf offensichtlich den südländischen Geschmack besonders. Und zwar vor allem den weiblichen obwohl pour homme angepriesen. Die Boxen waren nach jedem Flug leer. Die Essenz diente der Besatzung weniger als persönlicher Geruchsverstärker sondern als begehrtes Giveaway in Afrika oder Brasilien. Man konnte sich mit den kleinen braunen Sechskant Fläschchen viel Goodwill schaffen und Türen öffnen, sei es bei Zollbehörden, Personal im Hotel oder Restaurant, im Ausgang, beim Taxifahrer oder beim Türsteher der einem gegen ein Fläschchen sicher ins Hotel begleitete.            
Flugpersonal und Bordverkauf für ein Stück Schweiz
Fast ein halbes Jahrhundert führte der Bordverkauf Fabric Fronline Produkte. Ab 1980 trug das weibliche Flugpersonal Foulards und die neuen Kreationen wurden im Bordverkauf angeboten. Sie waren sehr gefragt und oft erstanden Passagiere auch eines dieser edlen Tücher um es einer Flugbegleiterin für die gute Betreuung im Flug zu schenken. Die Männer trugen Krawatten vom Seidenkönig Andi Stutz. Ein Oberst der Schweizer Armee sammelte Uniform Kravatten. Ich machte ihm eine riesige Freude wenn ich beim Einrücken jeweils ein paar Exemplare mitbrachte. Sein Angebot, er könnte mir dafür den Aufstieg zum nächst höheren Dienstgrad ermöglichen, lehnte ich aber ab und ging lieber fliegen. Mit dem Einstellen der Geschäftstätigkeit von Fabric Frontline Ende dieses Jahrs verschwindet ein Stück Heimat. Die Designer von neuen Airline Uniformen fanden jeweils Beachtung in der Schweizer Presse wie damals Luigi Colani. Neben Spirituosen und Parfums als Notmitbringsel ist das Sortiment an Schweizer Uhren und Schmuckstücken im Bordverkauf gross. Als damals Swatch neue Modelle in monatlicher Frequenz heraus brachte und Kultcharakter hatte, wurden die neuen Modelle den Flight Attendants fast aus dem Verkaufswagen gerissen. Mit allen Tricks und Angeboten wurde versucht das Stück zu ergattern das im Uhrengeschäft schon bei Ankündigung vergriffen war. Die Airline gab Weisung heraus, dass die Crew Mitglieder selber nur limitiert oder gar nicht einkaufen durften da sonst alle Uhren weg waren bevor sie der Passagier zu sehen bekam. Die Schaffhauser Uhrenfirma ist im Flug und am Flugplatz präsent mit auffälliger Werbung. Das Banner bei der Ankunft in Zürich mit dem frechen Werbespruch „welcome to Zurich – a pretty little suburb of Schaffhausen“ bleibt sicher mehr in Erinnerung als das „kleine Paradies“.  Eine andere von einem ehemaligen erfolgreichen Schaffhauser Uhrenunternehmer geführte Uhren Manufaktur setzt voll auf das Prädikat „Fliegeruhr“. Sicher ein schönes Schmuckstück aber Piloten brauchen eigentlich gar keine Uhr und schon gar keine Pilotenuhr. In jedem Cockpit hat es nämlich eine installierte Borduhr. Sämtliche Uhren in Verkehrsflugzeugen auf der ganzen Welt zeigen dabei die gleiche Uhrzeit an um koordiniert fliegen zu können. „Zulu Time“ genannt wird technisch definiert als Greenwich Mean Time bezogen auf den Nullmeridian der den englischen Stadtteil Greenwich durchläuft.

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