War für die neuen Bundesräte ihre Wahl das schönste Weihnachtsgeschenk, war es für mich vor genau vierzig Jahren der positive Bescheid von Swissair mich als Pilot zu übernehmen. Ob Bundesrat oder Pilot, es verändert das Leben und die berufliche Zukunft nachhaltig. Gemeinsam ist, einem Wahlgremium ausgeliefert zu sein, die Ungewissheit ob es reicht sowie das angespannte Warten auf den Entscheid. In Bern entscheiden die Parlamentarier, im Schulhaus in Kloten war es das Swissair Bord das über eine Übernahme befand. Ganz unterschiedlich sind die Auswahlverfahren und Auswahlkriterien.
Für die Neubundesräte öffnete sich die Tür überraschend und kurzfristig während wir eineinhalb Jahre an der Schweizerischen Luftverkehrsschule darauf vorbereitet wurden, begleitet von ständiger Selektion mit Rauswurf Kriterien. Für die Anstellung als Pilot werden belegte Checkergebnisse und Qualifikationen herbei gezogen, während die Entscheidungskriterien für eine Wahl in den Bundesrat unklar, zweifelhaft und im Nachhinein nicht verständlich und erklärbar sind.
Bloss nie aufgeben
Im September 1982 flogen wir noch mit der zweimotorigen Piper Aztec fast alle Flugplätze in Florida an. Nachdem alle Hürden im Propellerflugzeug mit dem Erwerb der Berufspiloten- und Instrumentenfluglizenz überstanden waren, kam im Dezember die Bewährungsprobe auf dem Jet Trainer. Der Schritt war gross. Die Geschwindigkeit des Jets gegenüber den gemächlichen Kolbenmotor Flugzeugen war viel grösser, die simulierte Masse brauchte riesige Kurvenradien und der Sinkflug musste sorgfältig geplant werden um nicht die Landung zu verscherzen. Dazu der schreckliche Simulator. Das aus heutiger Sicht vorsintflutliche Gerät war ein umgebauter DC-8 Simulator dem man einfach zwei Motoren weggenommen hatte. Das Steuer fühlte sich an als würde man an Gummiseilen ziehen. Bei den Instruktoren, Langstrecken Copiloten, wusste man nicht so recht ob sie nun über unser Unvermögen den Kopf schüttelten, jede Hoffnung verloren hatten oder uns konstruktiv coachen wollten. Letzteres überwog schlussendlich. Während dreissig Stunden absolvierte ich achtundfünfzig simulierte Anflüge von denen einige, speziell im engen Genfer Kessel, in die Hosen gingen. Aber wichtig ist in der Fliegerei nie aufgeben, frühzeitig einen Anflug abbrechen und neu beginnen. Aber beim zweiten Mal muss es sitzen. Dann war es so weit. Wir zwölf Pilotenschüler der Klasse SLS III/81-71 sassen angespannt im Klassenzimmer und warteten auf den Bord Entscheid, wer als Swissair Pilot in eine damals noch Traumkarriere übernommen wird. Einige waren zuversichtlich, andere zweifelnd. Der Erste wurde heraus gerufen und kehrte nicht mehr zurück. Fragende Blicke als unser Klassengöttii das Zimmer betrat. „Ich gratuliere, ihr elf seid vom Bord aufgenommen worden, die Verträge sind in Vorbereitung“. Grosse Erleichterung und Freude aber auch ein beklemmendes Gefühl, dass ein Kollege, ein Luftwaffen Berufspilot, mit dem wir Freud und Leid während anderthalb Jahren im Schulzimmer, Simulator, Flugzeug und in der Freizeit in Florida geteilt hatten nicht mehr dabei war.
Weihnachten irgendwo auf der Welt
Weihnachten nicht zu Hause verbringen zu können ist nicht schön, gehört aber zum Beruf der Flugzeugbesatzungen. Es kommt sehr darauf an wo man die Festtage verbringt. In europäischen Städten, womöglich noch in einem Airport Hotel, ist es ziemlich trostlos. In den USA ist die Vorweihnachtzeit toll und in New York läuft auch an Weihnachten selbst einiges im Gegensatz zu Thanks Giving. Dieser staatliche Feiertag am vierten Donnerstag im November spielt sich ausschliesslich in den Familien ab und alles, inklusive Hotel Küche ist geschlossen. Wenn schon ein Weihnachteinsatz dann am liebsten Fernost. Dort ist Normalbetrieb mit dem ganzen noch übertriebenen Klimbim der westlichen Welt. In Afrika macht einem die Armut in der Weihnachtszeit speziell betroffen. Viele Crew Mitglieder nehmen deshalb Kleider, Gebrauchsgegenstände und Geschenke mit oder haben kleine private Hilfswerke in Kinderheimen oder Spitälern. Man darf dann einfach das „Geschenk“ für den Zöllner nicht vergessen. Es kommt auch von den Temperaturen her nicht überall weihnächtliche Stimmung auf. Das Festtag Menü in der Strandbeiz in Montego Bay, Accra, Dar es Salaam, Karachi oder unter dem Christbaum in Bangkok schmeckt zwar ausgezeichnet aber es ist wenig weihnächtlich wenn man dabei tüchtig ins Schwitzen kommt. In Johannesburg hatte das Crew Hotel für die Besatzungen ein tolles Festessen vorbereitet. Wir fanden es aber sehr teuer wenig Stimmig und massiv überzahlt. Wir revanchierten uns dafür auf nicht ganz feine Art. Wenn einer von uns auf die Toilette musste, nahm er im Vorübergehen gleich noch eine Flasche aus dem Wein Gestell mit. An der Bar baten wir dann um Weingläser und einen Zapfenzieher und boten der KLM Crew grosszügig an mitzutrinken in mittlerweile weihnächtlicher Stimmung.
Kaviar nicht nur an Weihnachten
Vor Jahren war Fliegen für viele Passagiere noch etwas Besonderes nicht Alltägliches. Der Service in der ersten Klasse war sensationell wie auch die angebotenen Speisen. Das Cockpit hat das Glück, dass es aus der Erstklass Küche verpflegt wird und nicht nur aber auch deshalb natürlich einen sehr guten Umgang pflegt mit dem First Class Galley Personal. Damals gab es an Bord noch den berühmten Beluga Kaviar. Und zwar nicht nur an Weihnachten sondern auf allen Langstreckenflügen und nicht nur als Häppchen sondern in der hundert Gramm Dose. Natürlich kamen wir auch in den Genuss davon. Wenn ein Passagier den Wunsch nach noch etwas Kaviar vor der Landung hatte, konnte es vorkommen, dass die fast noch volle Glasdose den Weg ins Cockpit fand. Man hätte sie ja sonst nach der Landung wegwerfen müssen. Für Weihnachten zu Hause kauften wir den Kaviar übrigens in Moskau beim Flugzeugmechaniker. Da nicht ganz legal, brachte er ihn in der Werkzeugtasche. Viele Kabinen Crew Mitglieder lassen sich Spezielles einfallen zur Weihnachtszeit und überraschen etwa mit „guetzle“ in zehntausend Metern. Sie nehmen den Teig mit, stechen ihn feierlich aus mit den Passagieren und schieben das Blech in den Ofen. Vor Jahren konnte ich ein spezielles Weihnachtsgeschenk, ein Stück Schaffhausen im Wert von achtzig Millionen, übergeben. Nach der Totalüberholung der DC-10 / HB-IHH machten wir den Testflug um alle Systeme zu prüfen. Das Flugzeug war in tadellosem Zustand und die uns über die Schultern blickenden amerikanischen Piloten und Ingenieure als zukünftige Besitzer waren zufrieden. Genau zur Weihnacht 1991 konnten wir das Flugzeug mit dem Namen und Wappen „Schaffhausen“ an Northwest Airlines übergeben. In der weihnächtlich geschmückten Swissair Kantine feierten wir die Übergabe, wie üblich nach Testflügen, mit Servelat und