Dieser Slogan, ein bisheriger eiserner Grundsatz der Linienfliegerei, befindet sich aktuell auf den Webseiten, sozialen Medien und Pins von Pilotenverbänden. Dazu Bilder mit einer Toilettenschüssel vor der Steuersäule. Ausgelöst wurde die Diskussion durch eine konzertierte Berichterstattung in den Medien (SN Freitag), dass Flugzeugbauer und Airlines zukünftig nur noch einen Piloten im Cockpit möchten. Safety starts with 2 – Sicherheit beginnt mit 2 ist bisher unverrückbarer Grundsatz in der Linienfliegerei der diese unter anderem zum wohl sicherstes Transportmittel gemacht hat. Die Zahl 2 zieht sich als Mindestanforderung durch alle wichtigen Systeme. Vom Triebwerk über Autopilot, Hydraulik, Pneumatik, Elektrik, Avionik, Türen bis eben zu den Piloten. Redundanz ist oberster Grundsatz für Technik, Mensch und Infrastruktur.
Im Gegensatz zum Linienflug genügen in der Privatfliegerei und übrigen Berufsfliegerei ein Pilot und nicht redundante Systeme. Warum von dieser bewährten Regel gerade beim Fehler anfälligsten System Mensch abgewichen werden soll ist nicht nachvollziehbar und wenig realistisch. Technische Systeme und Komponenten geben Fehlermeldungen durch, melden den Ausfall und ihre Funktion wird vom 2. redundanten System übernommen oder vom Piloten. Der Mensch hat kein Fehlermeldesystem, das Ersatzsystem ist der 2. Pilot der immer bereit ist zu übernehmen. Ingenieure würden gerne Flugzeuge bauen die keine Piloten brauchen. Airbus konzipiert Systeme und Komponenten, dass sie theoretisch keine Pilotenbeteiligung brauchen mit mehr oder eher weniger Erfolg. Meine beiden Hände reichen nicht um die Fälle aufzuzeigen wo es gefährlich geworden wäre wenn wir Piloten nicht eingegriffen hätten. US Flugzeugbauer sind pragmatischer und ziehen die Piloten in den Flugablauf mit ein. Deshalb sind mir diese Flugzeuge, neben der solideren Bauweise und Schnittstellen Logik Maschine – Pilot, lieber.
Redundanz nicht aufgeben
Im Aviatik Symposium Zürich diskutierten Wissenschaftler, Vertreter der Luftfahrtbehörden und Pilotenverbände das Thema „Reduced Crew Operations: Fortschritt oder gefährliche Entwicklung“. Sie bestätigten, man sei daran technische und gesetzliche Voraussetzungen für das Single Piloten Cockpit zu entwickeln und liessen durchschimmern es sei nur ein Zwischenschritt zum Flugzeug ohne Piloten. In absehbarer Zeit sei es aber nur für Drohnen und als Notlandesystem für Kleinflugzeuge bei Pilotenausfall realistisch. Die Pilotenvertreter hoben hervor, dass mindestens zwei Piloten unverzichtbare Redundanz für die Sicherheit der Zivilluftfahrt ist die nicht der Wirtschaftlichkeit preisgegeben werden darf. Temporär ist es erlaubt, dass nur ein Pilot im Cockpit sitzt. Sei es wegen Toilettengang, Füsse vertreten auf langen Flügen oder kurzen Gesprächen mit Passagieren. Auf einem New York Flug unterhielt ich mich länger mit Bob Dylon in der ersten Klasse. Seiner Begleitung schien das nicht zu gefallen und sie fragte mich, ob ich nicht ins Cockpit gehöre. Ich hätte einen guten Copiloten vorne, meine Antwort. Worauf mir Bob Dylon bedeutete auf dem Hocker sitzen zu bleiben und sie mit einer ziemlich herablassenden Handbewegung nach hinten wies. Als junger Copilot flog ich mit einem Kapitän der, so vermutete ich, an Durchfall oder schwacher Blase litt und diverse male die Toilette aufsuchte. Die war auf der damaligen DC-9 zuhinterst im Flugzeug. Es kam mir jeweils sehr lange vor bis er wieder erschien. Noch unerfahren war es mit etwas unwohl als ich den Anflug beginnen musste und sein Sitz immer noch leer war. Heute ist es auf langen Flügen gestattet, dass ein Pilot maximal 40 Minuten am Stück schläft im Cockpitsitz.
Piloten sind das A und O
Gerade auf Langstreckenflügen gibt es lange ruhige Phasen wo die Piloten wenig beschäftigt sind. Trotzdem braucht es ständige Aufmerksamkeit denn keine Technik funktioniert fehlerfrei, es gibt Konfliktverkehr, Umwelt und Wetter ziehen mit 900 Stundenkilometer vorbei. Wie die europäische Cockpit Organisation schreibt, tragen Piloten mit ihrem ständigen kreativen Eingreifen zu 99,99999999 Prozent Flugsicherheit bei. Start, Notfälle in der Luft wie Druckabfall oder Feuer und die Landung erfordern höchste Aufmerksamkeit von unbedingt 2 Piloten. Der Start ist meiner Meinung nach die kritischste Flugphase. Es geht alles extrem schnell, das Flugzeug ist schwer, hat zum Teil über hundert Tonnen Kerosin geladen, Fremdkörper können auf der Piste liegen und Vögel oder Vogelschwärme kollidieren. Jeder Start wird minutiös berechnet betreffend Geschwindigkeiten und allfällige Notverfahren bei Startabbruch und Evakuation werden besprochen und Aufgaben verteilt.
Besser beim Start klatschen
Auch nach 8857 Starts ist die Spannung immer noch gross. Erst wenn das Fahrwerk eingefahren ist flacht der Adrenalinschub ab. Ich habe noch nie erlebt, dass Passagiere beim Start klatschen. Anders bei Landungen. Diese ist eigentlich viel entspannter. Der Landeablauf ist langsamer, das Gewicht kleiner, wenig Treibstoff ist an Bord und ein technischer Fehler ist weniger dramatisch. Sollte ein Triebwerk abstellen hat das praktisch keinen Einfluss, das Verbleibende muss mit viel Reserve einfach etwas höher drehen. Im Start fehlt bei einem Triebwerkausfall hingegen die halbe Schubkraft, im A330 über 70000 PS. Passagiere klatschen oft bei sehr sanften Landungen oder bei Landungen bei Sturm. Ein kaum wahrnehmbares Aufsetzen ist nicht unbedingt eine sichere Landung. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass sie lang und die Piste kurz wird. Andrerseits werden wichtige Systeme wie Luftbremsen, Umkehrschub oder Antiblockiersystem nicht aktiviert wenn zu wenig Druck auf die Fahrwerkbeine kommt oder die Räder zu langsam beschleunigen. Gerade bei nasser Piste oder viel Wind wird deshalb eine akzentuierte Landung angestrebt. Natürlich ist es der Ehrgeiz jedes Piloten eine schöne Landung zu machen. Letzte Woche habe ich als Passagier einen richtigen Chlapf erlebt. Es hat sich abgezeichnet. Die Ausschwebphase war zu hoch und zudem war es wie oft in Kopenhagen windig und damit die Anfluggeschwindigkeit hoch. Mit diesen zwei Faktoren wollte das Flugzeug nicht absitzen und flog weiter bis es die Piloten hinknallten. Bessere aber unbeliebte Alternative wäre ein Durchstarten gewesen. Die Gepäckabteile über den Passagieren öffneten sich und Handgepäck fiel heraus. Die Flight Attendants der für Swiss eingesetzten Air Baltic meinten beim Austeigen trocken: „Das ist nicht ihr Tag“. Die Cockpittür blieb verständlicherweise zu, man will nicht noch dumme Sprüche der Passagiere hören. Solche befürchtete ich nach einer unschönen Landung auf DC-9 als Copilot. Der Kapitän stellte sich in die Cockpit Tür um die Passagier zu verabschieden und ich erwartete zu hören, das sei halt der Stift gewesen. Ganz anders erklärte der als raubeinig bekannte Bayer den Passagieren lachend, es sei nach längeren Ferien seine erste Landung gewesen und es brauche wieder etwas Übung. Lachen mussten wir als wir als Passagiere mit dem Jumbo nach Genf flogen um die DC-10 nach Rio zu übernehmen. Der Kapitän, ein hoher Funktionär, lud uns für die Landung ins Cockpit oben ein. Wir sollten einmal ein richtiges Flugzeug sehen das mit den vielen Rädern immer sanft zu landen sei. Es kam dann anders. Es rumpelte arg. Wir verabschiedeten uns rasch, wir müssten uns beeilen und lachten beim Aussteigen laut los. Die MD-11 war schwierig zu landen während die A340 gefühlt vier Landungen macht. Zuerst setzen die hinteren vier Räder der beiden hängenden Hauptfahrwerke unter den Flügeln auf. Den Bodenkontakt der weiteren vier Rädern nach dem Ausrichten des Tandemfahrwerks kann man kaum beeinflussen ebensowenig wie das folgende Touchieren der beiden Räder mitten unter dem Flugzeugbauch. Sie können eine schöne Landung buchstäblich versauen. Das Bugfahrwerk das weit hinter dem Cockpitsitz ist muss man wieder sehr bewusst landen mit feinfühligem senken der Flugzeug Nase.