Kürzlich wurden wir in Johannesburg, zugegeben als etwas wilder Haufen teils überdreht teils schläfrig nach der strengen Freinacht, im Anmarsch auf die Passkontrolle aufgeschreckt durch militärisches Bellen eines Südafrikanischen Grenzpolizisten. Die Verantwortung als Kommandant wahrnehmend rückte ich die Mütze zurecht und kämpfte mich an die Spitze meiner Kampftruppe.
Da wollte uns ein junger strammer Grenzwächter doch tatsächlich dazu bringen in Einerkolonne anzutreten und an ihm vorbei zu defilieren, damit er einen Blick auf unsere Badges werfen konnte. Das ist aber gar nicht mehr so einfach heut zu Tage und ich fragte mich, ob das bei der männlichen Crew nicht mehr gedrillt wird in der besten Armee der Welt. Schlussendlich gelang mir andeutungsweise eine halbbatzige Dreierkolonne. Zum Glück tragen nur noch Piloten einen Hut und verfügen zudem über eine militärische Grundausbildung, denn wir mussten Hut und Brillen los in angedeuteter Achtungsstellung die Temperaturmessung auf der Stirn über uns ergehen lassen. Offenbar ist die Nachricht von der Vogelgrippe mit ein paar Jahren Verspätung auch in Südafrika angekommen. Das Stationspersonal verneinte meine Frage dazu und ob die Eidgenossenschaft oder Deutschland neuerdings die südafrikanischen Zollbehörden berate und ausbilde. Es handle sich lediglich um einen Generationenwechsel. Die alten Beamten seien in Pension gegangen und die „Schulabgänger“ würden nur durchsetzen was schon lange vorgeschrieben sei. Zum Glück lernen junge Leute rasch rasch. Einen Monat später marschierte unser wilder Haufen wieder ungestört und unkolonniert durch und dem Mann an der Wärmekamera war es auch wurscht ob wir Hut und Brille anbehielten.
Ein Flugzeug pilotieren hat viel mit Erfahrung zu tun. Diese ist entscheidend für Sicherheit und Pünktlichkeit. Mit dem Grenzübertritt ist es ähnlich, je nach Erfahrung und Lernfähigkeit schont man seine Nerven und kann mit dem angeeigneten Verhalten Pünktlichkeit, Feierabend, Schlafmanagment und Agressionspegel beeinflussen. Einlaufen beginnt schon auf der Fahrt zum Flughafen. Um die Frage „wa hend sie debi“ mit nachhaken, als wäre das verboten und man ja wohl kaum ohne Gepäck auf Weltreise geht, zu vermeiden, lohnt es sich in Uniform zu fahren. Steht Hannes, der freundlichste Zöllner der Welt, am Deutschen Zoll gibt es einen Schwatz über Gott und die Welt, den Arbeitgeber der uns beide drückt, Thailandreisen und Schaffhauser Fliegende die er alle kennt. Man muss dafür einfach vorausschauend Zeitreserve einplanen denn in Rafz könnte es ja noch den Einkaufsstau geben. Die Grenzpolizisten mit dem besten Sehvermögen sitzen beim Dienstausgang in Kloten. Sie erkennen unsere kleingedruckten Firmenausweise mit verschwommenem Foto auf vier Meter Distanz. Damit können sie sich andrerseits, da wir ja nicht so gut sehen, der Kontrolle entziehen, welche Literatur sie gerade studieren oder was für ein Programm läuft am Schirm. Einreise in die USA heisst meist warten und totale Auslieferung den Launen der Beamten. Da kann es auch vorkommen, dass jemand für Stunden verschwindet wenn sein Name oder Teile davon eine Computerbekanntschaft finden oder eine Linie der zehn Fingerabdrücke die mittlerweile verlangt werden suspekt ist. Respekt vor den Brasilianern. Mit hocherhobenem Haupt marschieren wir in Sao Paulo durch, obrigado – danke, mit einem schadenfreudigen Lächeln für die US Crews die völlig auseinandergenommen werden und ihre zehn Fingerabdrücke hinterlassen müssen. Dabei können diese ja eigentlich nichts dafür dass die Welt, ausser Brasilien das Gegenrecht hält, vor den USA kuscht. Ich muss gestehen, ich lüge auch immer bei der Einreise in die USA bei der Verneinung der Frage ob ich in den letzten vierundzwanzig Stunden auf einer Farm gewesen sei. Ich lebe auf einer, wie eigentlich ja alle ländlichen Schweizer. Da ist es in Ghana viel berechenbarer. Mit einem Sack voller Gefälligkeiten, auf Geheiss der Firma übrigens, trabte ich jeweils trotz Hitze in voller Uniform begleitet vom Maitre de Cabin im Zollbüro an. Freundliches stufengerechtes Händeschütteln, dann überreicht mein Begleiter den Sack, stufengerecht. Resultiert ein Nicken ist alles i.O. Stufen gerechtes Händeschütteln und einreisen. Resultiert ein bekümmerter Blick, kein Hände schütteln und es kann entweder nachgebessert werden oder es drohen langwierige Kontrollen. In Lomé (Togo) konnten wir einen Flug nur dank einer Swatch retten, heisst diese war dann weg. Mein damaliger (Deutscher) Kapitän war wohl etwas zu forsch und liess sich auf belehrende Diskussionen mit dem Zöllner ein, worauf dieser sich anschickte den Schalter zu schliessen. Die Schweizer Swatch des Deutschen Kapitäns, hässlich weiss aber damals im Trend, brachte den Prozess wieder ins Rollen, allerdings mit Besitzerwechsel. Selber schuld. Für Höhepunkte sorgen immer wieder die neumodischen Sicherheitskontrollen. Während es etwa in Accra nicht so eng gesehen wird, trauen die Schweizer ihren eigenen Maschinen nicht und begrapschen mit Hingabe (zufällig) ausgewählte Besatzungsmitglieder, die sogenannte Quote, als Welt weites Unikum. In Accra kümmerte es hingegen niemand, dass Bildschirm und Scanner erst eingeschaltet wurden als der grösste Teil des Crew Gepäcks bereits wieder ausgespuckt war und die meisten von uns den elektronischen Rahmen unbestrahlt passiert hatten. Schmerzlicher erging es dem Flight Attendant in Bombay. Sie hatte als Weihnachtsgeschenke diverse zugeschweisste Beutel mit Gewürzen gekauft. Alle wurden vom Sicherheitsbeamten aufgeschlitzt um sich zu überzeugen dass es sich tatsächlich um Curry handelte.
Zurück in heimatlichen Gefilden erschrak ich kürzlich, wohl etwas müde, beim passieren des Rafzer Zolls über die Panzersperre ähnlichen Verbauungen. War während meinem Fernostflug der Krieg ausgebrochen? Oder hat Deutschland Angst bekommen, die Schweiz würde auf ihre Ankündigung hin mit Kavallerie anzugreifen einen prophylaktischen Gegenschlag mit den gerade auffindbaren Panzern durchführen? Die Nachfrage zog eine längere interne Diskussion der deutschen Zöllner nach sich und sie kamen mit der Entwarnung zurück, es würde sich sehr wahrscheinlich lediglich um eine neu angelegte Baumplantage handeln.