Noch schnell auf ein Feierabendbier in Bangkok

Geschrieben von Markus Müller
Bei Bernd in Bangkok

Letzten Samstag wollte ich eigentlich nur schnell zum Feierabendbier zu Bernd in Bangkok. Bernd ist Büsinger, hat die Schulen in Schaffhausen besucht und auch hier gearbeitet bis er nach Thailand ausgewandert ist. Er betreibt dort ein Restaurant mit grosser Auswahl an thailändischen und europäischen Speisen. Es ist dann etwas später geworden. Genauer war Mitternacht längst vorüber und der Gang aus dem Biergarten am Soi 19 nicht mehr ganz sicher.

Eigentlich sollte ich ja wissen wie es jeweils endet. Aber genau das macht diese Besuche eben so interessant und reizvoll. Man hört in einer illustren Runde von Schweizern und  Deutschen bei angenehmen dreissig Grad immer wieder neue faszinierende Geschichten. Lebensgeschichten und auch Schicksale. Grund zum Sitzen bleiben gibt es immer. Diesmal war es der Geburtstag von Thomas. Thomas ist weltweit als Monteur für Mühlen und Teigwarenmaschinen im Einsatz für Bühler Uzwil und wohnt in Bangkok. Er erstarrte fast vor Ehrfurcht als ich ihm das erste Mal erzählte, dass der CEO Calvin Grieder ein Schulkollege von mir sei. Runde um Runde Chang Bier liess das Geburtstagskind auffahren. Für mich Singha Bier, die Serviererin kannte meinen Geschmack. Unvermeidbar und erwartet (befürchtet) kam die Aufforderung an die Thai Serviertochter, mit dem Ausschank von „Dibidäbi“ zu beginnen. Noch einen und noch einen und noch einen. Thomas ist der festen unabbringbaren Überzeugung das sei unser Nationalgetränk. Ungeschriebenes Gesetz ist, das nicht zu knapp gefüllte Glas Appenzeller ex zu trinken. Dazwischen Würste, Speck und Käse aus der Heimat. Die Geschichten wurden blumiger, abendländische und fernöstliche Kultur verschmolzen zusehends. Einmal mehr ein spannender Stammtisch. Ein Bähnler, der sich nach zwei Monaten Thailand beeilen musste das Flugzeug um Mitternacht und damit den Arbeitsbeginn am Montag nicht zu verpassen, verliess uns als erster. Sitzen blieben ein pensionierter Doktor der Ingenieurwissenschaft mit seiner Frau der den Wohnsitz im angenehmen Klima, im Sommer zügle er jeweils nach Italien, nach seiner UNO Pensionierung beibehielt, der Betreiber einer St. Galler Bratwursterei in Phuket, ein lokaler Reisebüroangestellter aus dem Aargau, ein nicht identifizierter Deutscher und Kurt Wäckerlin. Der gebürtige Siblinger hat seinen Wohnsitz nach einer Bankkarriere in Schaffhausen und Zürich nach Bangkok verlegt. Wir drei in dialektischer Überzahl machten, ganz gemäss dem Slogan von IWC im Zürcher Flughafen, mit unserem original Schaffhauser Dialekt Bangkok oder mindestens den kleinen Biergarten von Bernd zum „pretty little Suburb of Schaffhausen“.  Zu später Stunde, in der Millionenstadt überhaupt kein Problem, marschierte ich durch den immer noch pulsierenden Sukhumvit Richtung Hotel und traf, Bangkok ist ja so klein, auf zwei kollegiale fliegende Nachtschwärmer. Nach einer Nudelsuppe aus der Strassenküche fühlten wir uns wieder fit um ideal nach Schweizer Zeit den Schlaf noch etwas hinaus zu schieben. Zuhanden der ehemaligen Schulkollegen von Bernd: Er wird nächstes Jahr zur Klassenzusammenkunft kommen. Zu erzählen hat er einiges. Sei es aus seiner Berufszeit in der Schweiz als Gipser, unter anderem Schöpfer der Stukatur der guten Stube von Tina Turner, oder mit Erlebnissen aus seiner zweiten Heimat.


Monat der Extremen
Vom heissen Muscat in die kalte Schweiz. Dann Mundschutz fassen für den Peking Flug. Nach der Landung war äusserste Vorsicht geboten beim rollen. Die parkierten Flugzeuge tauchten nur schemenhaft aus dem Smog auf. Achthundert Mikrogramm pro Kubikmeter Feinstaub erwartete uns. Unser gesetzlicher Grenzwert ist fünfzig. Der lapidare Rat der Fliegerärzte: Bei Reizungen der Atemwege im Hotel bleiben. Zurück in die noch kältere Schweiz und dann Delhi. Auch die indische Metropole riecht man bereits im Anflug deutlich. Jeder Haushalt verbrennt getrockneten Kuhmist, klärte uns der Schaffhauser Lehrer und Erwachsenenbildner mit Schaffhauser und Indischen Wurzeln, Ramu Bhalla auf. Bhalla führte eine Kleingruppe zu einer Studienreise nach Delhi und war eine zufällige aber willkommene Informationsquelle für den uns erwartenden Kulturwechsel. Bereits die mehrere hundert Kilometer lange Lichterkette zwischen Pakistan und Indien erinnerte an die unverarbeitete Vergangenheit der beiden Länder. Vorschriftsgemäss mit allen eingeschalteten Scheinwerfern und Radargeräten den Afghanischen Luftraum hinter uns lassend, präsentierte sich, für uns schier unbegreiflich, elftausend Meter unter uns die hell beleuchtete Grenze zwischen den beiden zerstrittenen Ländern. Eines haben die drei fernöstlichen Metropolen gemeinsam, nämlich enorme Gegensätze zwischen arm und reich. Nicht arm wie wir glauben zu kennen, sondern einfach nichts. Auf der Fahrt mit dem TukTuk vom Luxushotel in den Gewürzmarkt von Delhi  stellten sich die Extreme völlig alltäglich aber für uns fast provokativ zur Schau. Die Bilder der deutlich grösseren Armutsseite relativierten die Streitgespräche die wir am folgenden Montag im Kantonsrat über  Sparprogramm und Staatsbeiträge führten stark. Mindestens für mich.

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