Kürzlich sprach ich mit einem Schaffhauser Polizisten. Es stellte sich heraus, dass wir vor achtzehn Jahren zusammen nach Istanbul flogen. 3. November 1996, stand auf der mir von ihm zugeschickten Crew Liste. Ein Blick ins Flugbuch bestätigte den Aufenthalt über dem Bosporus. Hinter seinem Namen im Flugbuch steht Tiger aus Schaffhausen. Hinter meinem Namen hat er in seiner Liste Siblingen vermerkt. Bitte korrigieren auf Löhningen.
Gespräch und Flugbuch Konsultation wecken Erinnerungen an interessante Begegnungen und bleibende Erlebnisse mit den Airmarshals. Das Ziel ist bei Pilot und Sicherheitsbegleiter gleich, nämlich der sichere Transport von Passagieren und Fracht auf dem Luftweg. Auch der Austausch untereinander während dem Aufenthalt ist eine echte Bereicherung für alle. Angehörige von Polizei, Grenzwache und Militärpolizei werden als Reaktion auf die erste Entführung eines schweizerischen Zivilflugzeugs am 6. September 1970 eingesetzt im Flug und an verschiedenen Flughäfen. Ausflüge mit der Crew an nicht touristische Orte und Erlebnisse mit lokalen Passagieren geben Einblick in fremde Kulturen und lassen besser verstehen, weshalb der eine oder andere „Klient“ zu Hause unbedingt in die Schweiz will. Klar ist aber auch, Polizist in der Schweiz ist nicht Polizist im Ausland. Diese Erkenntnis musste mancher Tiger schmerzlich machen wenn plötzlich Geldbeutel und Uhr fehlten. Es lohnte sich auch nicht sich aufzuregen, wenn einem an der Bar in Rio oder Bangkok das eine oder andere Gesicht bekannt vorkam aus Fahndungslisten. Ein Bierchen mit einem Zürcher Staatsanwalt in der American Bar an der Copacabana war dazu stets aufschlussreich. „Der gute alte Biggs hat wieder einmal kein Geld“, zeigte er Kopf schüttelnd auf einen älteren Herrn. Grosszügig zahlte er Marcel, das bei Losinger unterschlagene Geld war schon lange weg, ein Bier. „Der Bodensee Charly kommt das WC flicken. Die Sache hätte so schön geklappt, nur sei die Freundin leider nie nachgekommen mit dem Geld“. Letzteres ist eh meist rasch weg und damit auch die Freunde. Bei uns suchten die nicht ganz freiwilligen Aussteiger im Vorinternet-Zeitalter oft etwas aus der Heimat zu erfahren oder eine Zeitung zu ergattern. Dass abtasten der Passagiere durch eigene Leute berechtigt ist stellten wir in Accra fest. Der freundliche Grenzpolizist unterbrach die Passagierkolonne für unseren Gepäckcheck. Als die halbe Crew bereits ihre Taschen vom Förderband genommen hatte, stellte ein soeben eingetroffener Beamter die Anlage erst an. Die Aufwärmphase hinderte seine Kollegen nicht das Band weiter laufen zu lassen. Aber eben, nobody is perfect. Ich warte nach Jahren immer noch auf die Antwort wegen einem nicht ganz bedenkenlosen Gegenstand den wir kurz vor dem Schliessen der Türen entdeckt hatten im so professionellen Amerika. Die neuen Bedrohungsarten erfahren immer noch weitere Steigerungen. Hatten wir früher in der DC9 noch einen Vorhang zum Cockpit so sind es heute unüberwindbare Türen. Und ganz neu müssen Krisengebiet sehr grossräumig umflogen werden. Dabei ist die Flugsicherheit sonst enorm gross.
Elementare Flugsicherheit – schnell und hoch
Warum fliegt eigentlich ein Flugzeug mit mehreren hundert Tonnen Gewicht, wurde ich kürzlich wieder gefragt. In den Vorlesungsunterlagen von ETH Professor Plaskowsky hat es dazu seitenweise Formeln. Lilienthal konstruierte den heute noch zu Grunde liegenden Flügel der Auftrieb erzeugt. Die Gebrüder Wright machten das Ding steuerbar. Das Prinzip ist immer noch gleich. Das Flügelprofil zwingt die Luft auf der Oberseite zu schnellerer Strömung. Damit wird Unterdruck und der nötige Auftrieb erzeugt. Damit das funktioniert braucht es Geschwindigkeit. Der triviale Leitsatz gilt immer, dass ein Flugzeug sicher fliegt wenn es schnell und hoch ist. Tief und langsam ist tödlich. Mit Geschwindigkeit wird der Physik Genüge getan. Höhe erlaubt grobe Fehler wie Strömungsabriss durch zu langsames fliegen retten zu können oder Konflikte mit dem Terrain zu vermeiden. Geschwindigkeitsbewusstsein ist im Blut jedes Piloten. Tief fliegen muss oder will man hie und da. Etwa beim Landeanflug nach Sicht unter tiefen Wolken. Früher lag auch ausnahmsweise ein tiefer Sightseeing Flug drin. Etwa dem Tafelberg in Kapstadt oder der Copacabana entlang fast auf Höhe Hotelzimmer. Mount Mc Kinley in Alaska oder die Anden waren auch faszinierende Flugbilder. Der Chefpilot DC10 wollte unbedingt auf seinem Letztflug dreimal auf Gipfelhöhe um den Kilimanjaro fliegen. War ja immerhin der Chef. Diese Zeiten sind vorbei. Einerseits wegen dichterem Verkehr und wegen umfassender Datenaufzeichnung mit automatisierter Auswertung. Einzig auf Trainingsflügen kann man solche Plauschflüge begründen mit Lernerfahrung oder auf Testflügen um Warnsystem zu testen. Natürlich immer ohne Passagiere. Beim Abholen neuer Flugzeuge in Long Beach war es Tradition nach dem Start im Tiefflug über den Platz zu fliegen und beim Hochziehen mit den Flügeln zu winken. Um keine Fragen zu provozieren zu Hause schalteten wir vorgängig jeweils die Aufzeichnungsgeräte aus. Einmal vergass einer meiner Testpiloten die Sicherungen zu ziehen und flog, von den Safety Leuten genüsslich simuliert, tatsächlich etwas tief über die winkenden Ingenieure hinweg. Es brauchte dann einige Anstrengungen um ihn vor den angedrohten Sanktionen zu bewahren.