Schlafen in Hotels und über den Wolken

Geschrieben von Markus Müller

Als junger Copilot und Landei war jede neue Übernachtung ein Erlebnis. Bis dato durch das kärgliche Studentenzimmer und die fünfhundert militärischen Übernachtungen nicht gerade verwöhnt logierte ich plötzlich in Europas Luxuspalästen. In Budapest war es eine Suite wo man am Morgen die Uniform suchen musste. In Manchester weckte ein älterer Butler persönlich mit der Teekanne, das Gesicht immer diskret abgewandt während er das Morgenessen ans Bett brachte.

Im Moskau vor der Wende sorgte eine Respekt einflössende Matrone in jedem Stockwerk für Ordnung. Tag und Nacht sass sie neben dem Lift und wachte im in Besitz der Partei stehenden Intourist Hotel darüber, dass keine subversiven Treffen stattfanden um staats- und kulturfeindliche Ideen zu entwickeln. Mit der Umschulung auf MD-80 stieg die Reichweite. Mit Athen, Damaskus oder Amman tat sich eine neue orientalische Luxus Dimension auf. Geradezu bescheiden war dagegen das Swissair eigene Crew Hotel in Genf mit kleinen Zimmern und ohne beziehungsfeindlichen Fernseher. Es war äusserst beliebt, da jede Nacht weit über hundert Kolleginnen und Kollegen dort abstiegen. Noch heute hallt der Weckruf des betagten Concierge Willy im Ohr, wenn er morgens um vier nervig ins Telefon hauchte: „Es ist schon Zeit“. Die Lust zur Arbeit wurde beim Morgenessen nicht grösser, wenn die Kollegen und Kolleginnen für die Abendflüge fröhlich grüssten auf ihrem Weg vom Eroscenter ins Bett. Bitte die Bezeichnung Eroscenter nicht falsch verstehen. Es handelte sich beim Aufenthaltsraum, obwohl er hie und da etwas zwielicht, um einen Kulturraum mit Diskussionen, Jassen, Schach, TV, Musik und Tanz. Das Klavier wurde rege benutzt unter anderen Konzert reif von einem Schaffhauser Kapitän.


Wow – vom Luxus zum Abenteuer
Fantastische Hotels mit traumhaften Poollandschaften brachten die Langstrecken Neulinge zum Staunen. Bangkok, Hongkong, Singapur oder Atlanta wo das Hotel fast mehr bot als die Stadt Schaffhausen. Noch heute schwärmen alte Swissairler vom Sun and Sand in Bombay, Interconti in Karachi oder Jebel Ali in Dubai. Im Jaragua Santo Domingo begrüsste  in der Hotellobby eine zwanzigköpfige Merengue Band. Die Rhytmen und die Rumdrinks mit denen die Balair Flightcrew bereits auf dem Flugplatz begrüsst wurden bewirkten, dass einige verbotenerweise bereits in Uniform beim Apero hängen blieben, der sich bis in den Morgen hinziehen konnte. Im Strand-Sheraton Caracas konnte man sich leicht verlaufen in der riesigen Anlage vom Meer über die Schwimmbäder zum Hotel und in die Disco. Ins Schwitzen kamen wir im Lift als wir eine halbe Stunde stecken blieben zusammen mit der KLM Crew. Getoppt wurde alles von Rio mit der Sicht auf die Copacabana. Das führte hie und da zu Diskussionen, da diese Zimmer den Piloten vorbehalten waren.  Auch dort bleibt eine Lift Blockade in Erinnerung. Wir waren in guter Gesellschaft mit Olivia Newton-John, bekannt aus dem Musical Grease. Wo Swissair Crews übernachteten schlugen auch Geschäftsleute, Staatsoberhäupter und die Reichen dieser Welt ihre Zelte auf. Kürzlich stellte sich mir eine über neunzigjährige Schaffhauserin als ehemalige Stewardess vor. Wir amüsierten uns köstlich ob ihren Schilderungen solcher Begegnungen.  Ihren Ehemann hat sie übrigens im Crew Hotel New York kennen gelernt, ein Schaffhauser. Nicht minder reizvoll sind die viel bescheideneren Hotels in Afrika. Das Ausbildungshotel Utali in Nairobi war unser Liebling. Am Projekt Ausbildung von Hotelfachkräften waren diverse afrikanische Länder beteiligt. Es wurde unter anderen von der Eidgenossenschaft und der Swissair unterstützt. Natürlich bemühte sich das Personal deshalb besonders um uns. Vor lauter Eifer und zu unserer wohlwollenden Belustigung ging es dann oft in die Hosen. In Dar es Salaam, Tansania, war Lagerleben angesagt. Unter dem Moskitonetz schlafend musste man auch hie und da mit Echsen oder gar Schlangen rechnen. Es war uns nicht erlaubt im Restaurant zu essen um keine Fluguntauglichkeit zu riskieren. Die von Swissair gelieferten Lebensmittel vom Filet bis zur Bratwurst und Kartoffel flogen wir selber ein. Gemüse und Früchte besorgten wir auf dem Markt. Ehemalige Gastrofachleute unter der Crew zauberten wahre fünf Stern Menüs auf den Strandtisch wie Zürignschnetzlets aus Rindfilet mit Ananas-Papaya Sauce.  


Schlafen im Flugzeug
Die zunehmende Nachfrage nach Direktflügen verlangte nach Lösungen im Schlafmanagment. Ein Jumbo Kapitän der das einzig richtige tat, nämlich abgesprochen einen sogenannten Powernap (kurzer Erholungsschlaf) zu machen, wurde nach Denunziation und Blick Artikel hart bestraft. Lösung war der sogenannte Crew Bunk. Die Cockpit Crew wurde verdoppelt von drei auf vier. Zwei Piloten und ein Flight Engineering ruhten jeweils im neu eingebauten Schlafraum. Die Bereicherung durch die erste weibliche Flightenginieuse, übrigens eine Schaffhauserin, wurde Geschlechter gerecht mit Vorhang und höflicher Rücksichtnahme gelöst. Die MD-11 Elektronik eliminierte den Flightengineer und Sparmassnahmen den vierten Piloten auf Langstreckenflügen. Heute wird mit drei Piloten geflogen. Einer ruht, zwei sind im Cockpit. Diese Lösung mit einem Kapitän und zwei Copiloten hat sich als zweckmässig und der Flugsicherheit dienlich etabliert. Die Flight Attendants haben natürlich auch ihren Schlafraum, denn auch sie müssen für den Notfall und für die Landung fit sein. Ihr Crewbunk Container ist im Airbus im Frachtraum durch eine Treppe erreichbar. Dieser kann bei Nichtbedarf ausgebaut werden um Platz für zahlende Fracht zu schaffen.

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