In der kommerziellen Fliegerei gilt der Grundsatz, dass alle wichtigen System mindestens doppelt und unabhängig vorhanden sein müssen. Zwei Piloten, zwei Triebwerke, zwei Generatoren wobei es meist mehr sind, und so weiter. In der Militäraviatik ist das anders. Aber der Militär Pilot hat im Notfall Schleudersitz und Fallschirm. Beides gibt es im Linienflugzeug natürlich nicht.
Vor genau fünfzig Jahren war ein Schaffhauser Pilot froh um diesen Schleudersitz. Am 4. November 1965 kollidierten anlässlich eines Patrouillen-Blindflugs zwei Venom Flugzeuge. Ein Pilot konnte seine Maschine landen. Der andere, Aspirant Fritz Huggler aus Schaffhausen, konnte sich im letzten Moment mit dem Martin Baker Schleudersitz aus seiner schwer havarierten flugunfähigen Havilland DH-112 Venom mit der Immatrikulation J-1554 schiessen. Er kam leicht verletzt bei Lanquart am Fallschirm zu Boden während sein Flugzeug beim Piz Alun zerschellte. Sein Bericht war kurz und trocken: The reason was a midair collision during an IFR-formation training. The other aircraft flew through my elevator, which was broken off. (Grund war ein Zusammenstoss in der Luft während einem Blindflug Training. Das andere Flugzeug flog durch meinen Schwanz der weg brach.) Ziemlich übel und viel Glück gehabt. Allein in jenem Jahr hatte die Schweizer Luftwaffe sieben Abstürze zu verzeichnen, zwei tödlich. Ich nehme an Fritz hat letzte Woche seinen fünfzigsten „Zweitgeburtstag“ gefeiert. Der Unfall hat ihm die Freude am Fliegen nicht genommen. Ein Viertel Jahrhundert später hat er mich auf DC-10 intensiv in die Afrika Langstreckenfliegerei eingewiesen mit Landungen in Libreville, Kinshasa, Brazzaville und Lagos. Später waren wir zusammen im Flottenbüro, er als Chefpilot ich als technischer Pilot. Erst kürzlich erzählte er mir übrigens wie sie auf einem Ferien-Inselflug nach dem Start durch klopfen im Laderaum aufgeschreckt wurden. Ein Ramparbeiter war nach getaner Arbeit bei grosser Hitze im Laderaum eingeschlafen. Die Herausforderung war dann, ihn ohne Aufsehen zurück zu schaffen.
Kommunikation verändert die Fliegerei
Der Venom Absturz ist als kleine Notiz in der damaligen SN Ausgabe zu finden. Heute würde der Pilot von der Presse gelöchert. Die Nachricht vom blinden Passagier würde um die ganze Welt gehen. Jedes Vorkommnis auch technischer Natur findet heute sofort den Weg in die Öffentlichkeit. Vom Passagier mit Handy fotografiert und sofort auf Facebook gestellt und den einschlägigen Medien zugespielt. Auch aus dem Cockpit sind die Kommunikationsmöglichkeiten viel besser geworden. Die Sprechfunk Abdeckung ist besser, es kann telefoniert werden und ein Mailsystem erlaubt schriftliche Kommunikation. Damit ist auch mehr Vertraulichkeit gegeben wenn es um heikle Themen geht. Früher hatten wir in vielen Teilen der Welt nur HF-Funk als Verbindung zum Boden. Diese Frequenzen sind heute noch im Gebrauch über dem Atlantik und über Wüstengebieten für Flugverkehrsleitung. HF hat den Vorteil, dass man rund um den Erdball funken kann, allerdings in schlechter Qualität mit grossem Hintergrundrauschen. Die damalige PTT bot der Schweizer Luft- und Seefahrt einen Service an um sogenannte Phone Patches herstellen zu können. Man rief die Station „Berna“ über Funk auf und diese konnte einem dann ins Telefonnetz verbinden. Das war wichtig bei technischen und operationellen Problemen oder auch einmal um die Ehefrau anzurufen. Es hatte den Nachteil, dass die ganze Welt mithören konnte. Vor ein paar Jahren wurde Berna aufgehoben, einen ähnlichen Dienst gibt es noch in Schweden. Wir hatten einen Todesfall auf dem Flug von Miami. Der Kapitän informierte Swissair via diese Station Berna um die nötigen Formalitäten einzuleiten. Er wollte es besonders gut machen und verstieg sich sogar ins Lateinische. „Mr. X ist exitus um 2231 Uhr GMT an den Koordinaten Y“. Nur schwach verständlich kam zurück: „Wie heisst er, Exitus?“ „Nein er ist exitus“. „Was ist mit Mr. Exitus los?“ „Gopferteckel de Mischter X isch gstorbe“ machte der Kapitän alles klar. Selber als Kapitän in einem ähnlichen Fall konnte ich von den modernen Kommunikationsmitteln profitieren und das Ganze ruhig und diskret abwickeln. Auch die Daten Übermittlung ist weit fortgeschritten. Nach dem Start in Johannesburg wurden wir von einem Blitz getroffen. Es hatte weiter keine Folgen und der Blick auf die Triebwerkinstrumente war beruhigend, denn im ersten Moment hört man fast nichts mehr. Ein paar Minuten später ratterte der Drucker und die Techniker in Zürich erkundigten sich nach den Triebwerk Daten vom Heck Triebwerk, sie hätten den Trigger eines kurzen Triebwerkausfalls erhalten. Diese Folge des Blitzschlags wurde digital registriert für unser Auge war sie auf den Instrumenten nicht wahrnehmbar.
Auch das Verhalten der Crewmitglieder hat sich durch die weltweit praktisch gratis angebotene Kommunikation verändert. Wurde früher im Bus zum Hotel der Flug durchgegangen, hie und da spezielle Passagiere verhandelt und der Aufenthalt zusammen geplant, so sind heute alle tief im WLAN versunken das in den Bussen zur Verfügung steht. Nach dem einchecken verstieben die Meisten in alle Richtungen, die Aktivitäten wurden soeben auf der Busfahrt organisiert. Auch das Bild auf den Flugplätzen hat sich verändert. Sassen früher die Rucksacktouristen auf dem Boden so sind es heute sogar Geschäftsleute die an irgendeiner Steckdose kauern und ihr Handy oder Tablet aufladen.