Am 5. Februar feierten 3800 Swiss Angestellte die Inbetriebsetzung der Boeing 777. 270 waren aus dem Ausland angereist. Die Ansprachen wurden denn auch auf Englisch gehalten. Das lag dem Verwaltungsratspräsidenten allerdings, höflich ausgedrückt, gar nicht, sodass der Lärmpegel in der Festgemeinde rasch anstieg und die nachfolgende Kommandoübergabe von Harry Hohmeister an den neuen CEO Thomas Klühr mit einem symbolischen Steuerhorn fast unterging.
Mit CFO Rainer Hiltebrand verabschiedete sich auch der letzte Schweizer und letzte Pilot aus der Geschäftsleitung. Das tat zwar der Stimmung keinen Abbruch aber macht doch nachdenklich. Neben der Symbolik ganz in Deutscher Hand zu sein wird lokales und fachliches Verständnis fehlen. Trümpfe auf welche die Führung im hektischen Marktumfeld angewiesen wäre und die zusammen mit der ebenfalls abnehmenden Swissness in Cockpit und Kabine den Erfolg der Airline, im Ausland immer noch als Swissair wahrgenommen, ausmachen. Es war ein Fest der Superlative das an die Ära Jeff Katz erinnerte. Das grosse Flugzeug mit der Immatrikulation HB-JNA war Mittelpunkt und Blickfang im riesigen SR-Technik Hangar. Viele suchten sich oder Freunde auf dem Rumpf zu entdecken. Über 2500 Köpfe von Mitarbeitern sind mittels einer Folie auf dem Flugzeug angebracht und werden dort ein Jahr lang die Berufe und die Leute dahinter rund um die Welt zeigen. Die Folie ist 450 Quadratmeter gross, 0.05 Millimeter dick und wiegt 50 Kilogramm. Die gut angelegte Botschaft der Schweiz wird einen Mehrverbrauch von etwa sieben Tonnen Kerosin bewirken im ersten Betriebsjahr. Wenn im Moment auch auf Piloten in der Führung verzichtet wird, bestritten diese die Abendunterhaltung. Der Auftritt der Swiss Pilot Combo war begeisternder Höhepunkt. Die ausschliesslich aus Swiss Piloten bestehende Big Band, singende Flight Attendants, Ritschi Sänger der Mundart Rockgruppe Plüsch und die eindrückliche Stimme von Yasmine Meguid sorgten während zwei Stunden für einmalige Stimmung im Hangar. Diesen Kerlen haben wir alte Piloten das fliegen beigebracht. Nun sind sie selber Kapitäne und erst noch hervorragende Musiker. Überhaupt war das Fest durch Mitarbeiter geprägt. Über 200 Freiwillige hatten es auf die Beine gestellt und zeigten das Zusammengehörigkeitsgefühl des Personals, die Identifikation mit der Luftfahrt und liessen den alten Swissair Geist aufleben. Hoffentlich nahm es das Management, gegen den Trend, wahr. Immerhin waren die Chefs am Eingang aufgereiht um mit Handschlag zu begrüssen. Mindestens die ersten denn schon bald wurde es ihnen zu kalt. Kalte Füsse und sommerliches Trinkverhalten liessen auch die Schlangen vor den Toilettenwagen anwachsen. Auf USA Flügen übrigens streng verboten. Mit Ansage müssen die Passagiere aufmerksam gemacht werden, dass Menschenansammlungen im Flugzeug, speziell vor den Toiletten, verboten sind. Was anderes als eine typische Menschenansammlung ist denn ein Grossraumflugzeug für die US Homeland Security?
Austauschs alter Erinnerungen im Toilettenwagen
„Au weisch no uf dem Flug zRio“, tönte es etwa. Der Grund, dass sich hinter der Pissoir Reihe weibliche Mitarbeiter die Türe des Sitzklos übergaben war lediglich um in vernünftiger Zeit ins Festgeschehen zurück kehren zu können. Es war Gelegenheit auch dort bekannte Stimmen zu hören und Erinnerungen auszutauschen. Auf meinem ersten Rioflug, kompetent und pflichtbewusst eingeführt von alten Südaltlantik Hasen, wurde ich auch in die berüchtigte Disco HELP geschleppt. Riesig, laut und dunkel in jeder Hinsicht. Nach mehreren Brahmas stellte sich die Frage ob nun „ele“ oder „ela“ richtig sei für mich. In Erinnerung an Französischlehrer Hamburger erschien mir „ele“ weiblicher, was ein Fehler war. Hinter der „ela“ Tür wurde ich mit Gekreisch aber herzlich empfangen. Wieder draussen klärten mich die lieben Kollegen gröhlend auf. Es spielte aber eigentlich keine Rolle. Im „ele“ war auch gemischter Betrieb, allerdings aus anderen Gründen als im Hangar in Kloten. Die Heimkehr zum Hotel war auch etwas anders und mancher musste auf den paar hundert Metern der Copacabana entlang Geld, Uhr und Schmuck abgeben falls er solchen mitzuführte. Besonders fies waren die Kinder die unter der Strandmauer kauerten und unbemerkt Schmierfett auf die Schuhe strichen. Der Schuhputzer der einem kurz vor dem Hotel auf den schmutzigen Schuh ansprach, reinigte dann nicht nur die Schuhe sondern auch die Hosensäcke. Wir seien selber schuld, klärte mich ein Brasilianer auf. Ständig im Stechschritt und anständig gekleidet unterwegs. Tatsächlich. Seit ich zerschlissene Schuhe trug, das Hemd nicht mehr in die Hose versorgte, langsam schlendernd mich behäbig umdrehte und ein paar Brocken brasilianisch bereit hielt amüsierte ich mich ob den Europäern die mich im Stechschritt überholten mit Schmierfett auf den Schuhen. Von wem und wie sie als Opfer ausgewählt wurden war dann fast unterhaltend.
Vom 747 zum 777
Als grösste Party in der Geschichte von Swiss bezeichnete der Pressedienst den Anlass. Ein noch grösserer Anlass war die Swissair Abschieds Party für den Jumbo B-747 am 10. Januar 2000. Das zu verabschiedende Flugzeug war auch grösser als das willkommen geheissene. Der damalige Anlass wurde leider brutal überschattet vom Absturz des Crossair Saab 340. Während im Hangar gefestet wurde fanden ein paar Kilometer davon entfernt zehn Personen zwei Minuten und siebzehn Sekunden nach dem Start den Tod. Notabene wegen verfehlter Personalpolitik, mangelhafter Aufsicht und Spardruck.