Spezialflüge sind interessant und beliebte Abwechslung zur Routinearbeit. Die erste Erfahrung damit machte ich als junger Segelflieger, als ich ein Segelflugzeug ins Pilatus Werk nach Buochs überfliegen sollte. Dass der Schleppilot und ich nie dort landen würden ahnten wir beim Start nicht. Das Unheil begann über dem Zürcher Oberland. Durch eine fliegerische Unaufmerksamkeit beim Blick auf die Flugkarte und ein falsch eingehängtes Schleppseil, löste sich dieses und ich sah mit Schrecken das Schleppflugzeug kleiner werden.
Wir entschlossen uns zur Landung in Wangen-Lachen. Weiter hätte die Flughöhe auch nicht gereicht. Es war ein mulmiges Gefühl ohne Motor mit beschränkter Korrekturmöglichkeit auf eine Betonpiste anzufliegen die ähnlich einem Flugzeugträger im Wasser liegt. Es war meine erste Landung ausserhalb der Schaffhauser Graspiste, was mir prompt einen Rüffel des Cheffluglehrers einbrachte. Segelflugzeug zurückstossen, Formalitäten erledigen und erneut starten kostete Zeit und dunkle Wolken brauten sich rundherum zusammen. Vorwärts ging nicht und zurück schien auch schwierig, sodass wir uns nach kurzer Absprache über Funk zur erneuten Landung in Lachen entschlossen. Wir verzurrten das Segelflugzeug und flogen mit der Schleppmaschine zurück. Mit dem Anhänger nach Wangen-Lachen fahren, demontieren, verladen und nach Buochs fahren. Morgens um zwei montierten wir mit Hilfe eines hilfsbereiten Securitas das Flugzeug in der Werkhalle. Ein paar Jahre später erhielten wir in der Swissair Pilotenschule in Vero Beach, Florida, jeweils am Wochenende den Auftrag für Flugstunden ohne Fluglehrer für die höheren Ausweiskategorien. Wir liebten diese Flüge ohne ständiges dreinreden und nutzten sowieso jede Fluggelegenheit. Wir trafen uns dann jeweils zum tiefen Formationsflug oder machten mit einem halben Dutzend Flugzeugen zum Mittagessen ab. Wir staunten nicht schlecht, wie die Saudi Flugschüler solche Flug Aufträge lösten. Sie banden ihre Flugzeuge fest, liessen die Motoren und damit die Stundenzähler laufen und verschwanden im Restaurant oder am Strand. Gerne hätten wir ihre Flugstunden abgeflogen, zudem sie stärkere, schnellere und teurere Maschinen als wir hatten.
Im Auftrag des Britischen Verteidigungsministeriums
Im Juli 88 wurden wir für einen geheimnisvollen Flug aufgeboten. Die Disponentin wollte nicht sagen wohin der Einsatz gehen sollte. Wir erhielten den Flugplan die MD-80 leer nach Luton zu fliegen um Angehörige der Britischen Airforce zu befördern. Bedingung war, dass der Kapitän der Swissair Maschine Deutscher Ex-Luftwaffenpilot sein musste. In England wurde klar weshalb. Unsere Luftbrücke ging nach Gütersloh und Wildenrath, beides deutsche Militärflugplätze. Im Sinkflug wies mich der Kapitän und ehemalige Starfighter Pilot an, ich solle dem militärischen Controller sagen wir würden den Flugplatz sehen, er sei familiär damit und würde nach Sicht landen. Es blieb einen Moment stumm am Funk. Dann kam es freundlich aber wohl aus lachendem Gesicht zurück, ob wir nicht doch noch unter seiner Radarkontrolle bleiben wollten, Gütersloh sei neunzig Kilometer entfernt. Beim Start wurden wir dann angewiesen diesen sofort abzubrechen. Es stimme etwas nicht mit dem Höhensteuer, eine Fläche hänge herunter, die andere zeige nach oben. Wir erklärten der Dame auf dem Turm, die wohl zum ersten Mal ein Linienflugzeug betreuen musste, dass das völlig normal ist bei der MD-80. Die Steuerflächen richten sich erst bei Anströmung ab einer bestimmten Geschwindigkeit parallel aus. Aus dem geplanten eintägigen Einsatz wurden drei interessante Flugtage immer im gleichen Hemd. Bei einem späteren aushelfen bei Finnair durfte übrigens keiner von uns Swissair Piloten Deutscher sein. Es war Deutschen Piloten verboten Finnisch immatrikulierte Flugzeuge zu fliegen.
Berliner Philharmoniker hin - 35 Tonnen Fleisch zurück
Ein schöner dreitägiger Aufenthalt in Buenos Aires war Bestandteil des Auftrags eine leere MD-11 abzuholen. Damals ging es Swissair noch gut, denn sie schickte vier Piloten und ein Flight Attendant, letzteres nur um uns auf dem Rückflug zu bekochen, als Passagiere nach Buenos Aires via Rio und Sao. Bei einem späteren ähnlichen Flug für Swiss, waren wir drei Piloten mit nur einer Nacht Aufenthalt und wir mussten uns selber verpflegen. Die ankommende Crew brachte die Berliner Philharmoniker zu einer Konzert Tournee nach Südamerika. Wir flogen das leere Flugzeug zurück, während unsere Kollegen am anderen Tag die Reise nach Zürich als Passagiere antraten. Ein Grossraumflugzeug einen Tag am Boden zu behalten ist teurer als zwei Besatzungen um den halben Globus zu schicken. Die Erstklass Sitze waren übrigens entfernt und stattdessen ein Bett, ähnlich einem Spitalbett, mit medizinischem Material installiert worden. Der Dirigent war offenbar nicht bei bester Gesundheit. Das Flight Attendant konnte nach dem Flug immerhin sagen, sie habe im Bett des berühmten Dirigenten geschlafen. Im Frachtraum hatten wir unter anderem 35 Tonnen Rindfleisch geladen. Gerade in Südamerika wurde mancher Linienflug auch zum Spezflug. Etwa wenn einem der Fluglotse in Rio nach der überhöflichen Anfrage, man möchte so gerne den Passagieren die wunderbare Copacabana zeigen, freie Hand liess und wir fast in Hotelhöhe dem berühmten Strand entlang donnerten und erst kurz vor dem Corcovado, behütet von den ausgebreiteten Armen der riesigen Jesus Statue, das Flugzeug hochzogen.