1967: Absturz eines Flugzeugs mit Schaffhauser Pilot

Geschrieben von Markus Müller
Crew Bunk

Heute vor 50 Jahren war ein schwarzer Tag für die Schweizer Luftfahrt. Die Bristol 175 Britannia der Charter Gesellschaft Globe Air startete am 19. April 1967 in Bangkok nach Basel mit Zwischenlandung in Colombo, Bombay und Cairo mit 120 Passagieren und 10 Besatzungsmittgliedern. Um 23:13 GMT kollidierte die Turbo Prop Maschine HB-ITB mit einem 256 Meter hohen Hügel südlich von Nicosia. Drei Passagiere und ein Flight Attendant überlebten. Aufmerksam auf das traurige Jubiläum machte mich eine Postkarte ohne Absender auf meine letzte Kolumne: „Balair, lang ist’s her….der „Hipp“ Hippenmeyer ist als junger Pilot damals mit der Balair (oder Globe Air?) - Maschine über Nikosia abgestürzt – denke oft an ihn. “

Tatsächlich war der erst 24 jährige Schaffhauser Hans-Peter Hippenmeyer Copilot der Unglücksmaschine. „Ich habe sein Gesicht noch genau vor mir“, erinnert sich der damalige Obmann der Segelfluggruppe Schaffhausen, Jörg Aellig, an den Segelflug Kameraden. Er war nett, umgänglich und man hatte ihn auf dem Schmerlat gerne. Warum die Besatzung sich entschloss trotz Gewitter Nicosia anzufliegen und nicht den geplanten Ausweichflughafen Beirut wurde nie heraus gefunden, ebenso wenig weshalb sie durchstarteten und dann den Flugplatz tief überflogen bevor sie beim dritten Anflug zerschellten. Klar hingegen ist, dass die Piloten die erlaubte maximale Dienstzeit um über vier Stunden überschritten und der Copilot erst 50 Stunden Flugerfahrung auf der Brittania hatte. Als Unfallursache galt zu wenig Ruhezeit, Müdigkeit und Anflug mit zu wenig Geländeabstand. Die bereits angeschlagene Globe Air musste Konkurs anmelden. Aus der Nairobi Tochter wurde  African Safari Airways (ASA) welche im selben Jahr die Fluglinie Mombasa - Basel aufnahm.

Begegnung in Kenia – kommerzieller Druck

Da der letzte Drittel der Piste in Mombasa mehrheitlich aus Löchern bestand nutzten wir mit der Balair DC10 nicht die ganze Länge sondern tankten nur wenig um in Nairobi oder Kilimanjaro das Flugzeug für den Flug nach Zürich zu betanken. Vor dem Start machten wir eine Pistenzustand Besichtigung. Als wir am Pistenende angelangt waren, startete gerade die DC8 der ASA. Bedenklich hüpfend raste sie auf uns zu, um kurz vor Pistenende erst abzuheben, ein Zeichen für ein grosses Startgewicht. „Direkt nach Basel“, grinste der Fahrer uns, in seinen Augen wohl wenig wagemutige Piloten, an. Jahre später führte ich mit der von KLM geleasten ASA DC10 einen Testflug durch. Auf meine Frage an die mitfliegenden ASA Piloten, ob sie weiterhin nonstop fliegen würden meinten sie treuherzig, man weiche den grössten Löchern einfach aus. Na schön, mit 300 km/h und 250 Tonnen. 2008 wurde der Betrieb eingestellt.

Lernen aus Unfällen macht Fliegerei zum sicheren Verkehrsmittel

Flight Safety Foundation untersucht Ursachen für Flugunfälle. Seit 1947 schreibt sie 38 Unfälle mit 950 Todesfolgen der Übermüdung von Piloten zu. Darunter die HB-ITB.  Verantwortungsvolle Airlines tragen dem Rechnung und erweitern auf langen Flügen die Crew mit sogenannten Enlarger Piloten und installieren einen Ruheraum. Nichts gelernt haben leider die europäischen Behörden mit unverantwortlich hohen erlaubten Dienstzeiten sowie gewisse Charter- und Billig-Airlines die auch sehr lange Flüge mit zwei Piloten fliegen. Lastwagenunternehmen würde die Bewilligung entzogen. Als Swissair L.A., Honkong, Bangkok, Rio oder Johannesburg direkt anzufliegen begann, flog eine zweite Cockpit Crew mit. Als die ersten Frauen ins Langstreckencockpit kamen, eine Schaffhauserin übrigens, wurde ein Bett im Crew Bunk mit Vorhang versehen. Auf dem Flug Genf - Rio schlief unser Kapitän trotzdem kurz nach Erreichen der Reiseflughöhe im Sitz ein. Der kanadische Flight Engineer und ich sahen uns verdutzt an, nickten uns zu und liessen ihn, der als schwierig und unbeliebt bekannt war, schlafen. Nach der Hälfte des Flugs liessen wir die Kollegen wecken. Wie es sich gehört von einem netten Flightattendant mit einer Tasse fein duftendem Kaffee. Unseren Kapitän weckten wir ebenfalls, wir würden jetzt schlafen gehen. Wir wurden leider nicht mit Kaffee geweckt vor der Landung da er eben auch bei der Kabine unbeliebt war. Im heutigen Zweimanncockpit werden lange Flüge meist mit einem Kapitän und zwei Copiloten geflogen. Dass zwei Kapitäne nicht optimal ist, zeigte ein Flug Bangkok – Zürich.  Wegen Ölverlust musste ein Motor der MD11 abgestellt werden. Der Kapitän entschied sich für eine Landung in Delhi und kehrte die Flugzeugnase nach Absprache mit der Flugverkehrskontrolle um. Dann liess er den zweiten Kapitän wecken, er solle das Flugzeug übernehmen und die Landung in Delhi machen. Dieser fand die Idee gar nicht gut da es in Delhi weder Ersatzteile noch MD11 lizenzierte Mechaniker hatte und ein Weiterflug mit zwei Motoren eigentlich kein Problem darstellt. Er drehte die Nase wieder Richtung Zürich. Sie landeten dann in Wien. Wegen den Umkehrmanövern wurde die Treibstoffreserve zu knapp. Aus dem schlussendlichen Globe Air Absturzgrund, der Kollision mit dem Gelände, wurden ebenfalls Lehren gezogen. Flight Safety schreibt dem CFIT (Controlled Flight Into Terrain) wo ein Flugzeug ohne technische Probleme in ein Hindernis gesteuert wird 748 Unfälle mit tausenden Toten zu. Heute gibt es GPS gestützte Warngeräte die vor Terrain Annäherungen  warnen und Ausweichmanöver zeigen. Swiss hat sie in allen Flugzeugen eingebaut und trainiert die Piloten intensiv im Umgang damit. Für alles braucht es Investitionen, Unterhalt, Training, wache Piloten und vielleicht als letztendliche Konsequenz für mehr Sicherheit für Passagier und Besatzung einen etwas höheren Ticketpreis

Anhänge:
Diese Datei herunterladen (Über den Wolken 4-17.pdf)Über den Wolken 4-17.pdf138 KB
Kategorie: