Ob es am redaktionellen Sommerloch liegt oder ob die Fliegerei eine solche Faszination ausübt, dass momentan fast täglich Meldungen aus der Fliegerei vor allem in der Boulevardpresse erscheinen bleibe dahin gestellt. Einiges ist zum Schmunzeln, anderes weit übertrieben. So wurde berichtet, dass nachdem der Copilot kurz vor der Landung einen Schwächeanfall erlitten habe, eine Stewardess seinen Sitz eingenommen habe und sich gut geschlagen habe. Das wäre allerdings ein schlechtes Zeugnis für den anderen Piloten.
Jeder Linienpilot ist ausgebildet und trainiert immer wieder im Simulator das Flugzeug sicher allein landen zu können. Ein Laie auf dem Pilotensitz würde wohl mehr schaden als nützen. Aber es unterhält so gut wie die Spielfilme wo eine Stewardess oder ein Hobbypilot ein Grossraumflugzeug landet nachdem beide Piloten ausgefallen sind. Alles fern jeder Realität. Wiederkehrende Standardmeldung sind die Luftlöcher. Ich habe noch nie eines getroffen und könnte es physikalisch auch nicht erklären. Aber es gibt starke Auf- und Abwinde sowie Turbulenzen die unvorbereitet tatsächlich zu verletzten Passagieren führen können. Der Kluge ist im Flugzeug deshalb immer angeschnallt wenn er sitzt. Die bekannte Architektin Tilla Theuss, die für Swissair in deren Blütezeit Flugzeugkabine und Passagiersitze entwarf, schlug vor, in der Erstklass Kabine eine Bar einzurichten. In meiner damaligen technischen Flottenverantwortung verlangte ich, dass sich die Passagiere auf ihren Barhockern anschnallen müssen. Etwas genervt liess sie das Projekt fallen. Es kam dann der sogenannte Ottoman der es ermöglichte zu zweit zu essen oder ein Zwiegespräch zu führen. Wir haben uns beide dann im Nachhinein, als sie zur Renovation des Schaffhauser Kantonsratssaal engagiert wurde, köstlich darüber amüsiert. Ihr Renovationsvorschlag scheiterte nicht an Sitzgurten für Parlamentarier, wobei diese die Redeflut vielleicht eingedämmt hätten, sondern an der Mehrheit über den eigenen Mut erschrockener Ratsmitglieder. Die kürzliche Meldung, der Qatar Boss habe bemängelt er werde in US Flugzeugen nur von Omas bedient wage ich nicht zu kommentieren. Kurz darauf folgte ein Bericht über Bette Nash, die seit 60 Jahren als Flight Attendant fliegt. Man rechne. Bei Swissair wurden die jungen Flight Attendants früher ein paar Jahre ausschliesslich auf Kurzstreckenflügen eingesetzt bevor sie schrittweise in die ganz weite Welt hinaus geschickt wurden. Das war eine gute Vorbereitung und Lebensschule für die anspruchsvollen langen Flüge mit ganz anderen Passagier Bedürfnissen, Aufenthalt in weit entfernten Gegenden mit fremder Kultur und Malaria Mücken sowie teilweise mehrere Wochen weg von zu Hause. Heute steht ihnen sofort die ganze Welt offen mit der Konsequenz, dass in kritischen Situationen Überforderung droht und nach ein paar Jahren bereits die „ganze Welt“ gesehen wurde mit entsprechend grosser Fluktuation. Was der Qatar Boss als Passagier wahrscheinlich schätzt. Zutreffend sind leider die zunehmenden Meldungen über „unruly passengers“, Passagiere die Probleme an Bord machen. Meist ist es in Zusammenhang mit Alkohol, Rauchverbot, Drogen oder persönlichen Problemen. Das wurde lange von den Fluggesellschaften verharmlost und sie fielen den Crews gar in den Rücken. Ein Kapitän lud vor vielen Jahren einen Passagier wegen zu viel Alkohol und Aggressivität in Afrika vor dem Start aus. Die Schaffhauser Firma bei der er angestellt war protestierte worauf sich der Kundendienst entschuldigte und ihm ein Geschenk zukommen liess. Das ist heute zum Glück anders und die Schwelle, Flugsicherheit gefährdende Passagiere durch die Polizei abholen zu lassen ist niedrig und wird von der Airline unterstützt. Mancher wird unter Aussicht auf amerikanische, brasilianische oder thailändische Haft plötzlich vernünftig und fast nüchtern. In Bangkok nahm mich der Stationsleiter vor dem Rückflug zur Seite. Ein Passagier habe auf dem Hinflug grosse Probleme verursacht mit Alkohol und Aggressivität gegen Besatzung und übrige Passagiere. Grundsätzlich akzeptiere man ihn nicht mehr für einen weiteren Flug, der Entscheid liege aber bei mir. Das Gespräch förderte eine tragische Geschichte zu Tage. Nach dem Verlust von Ehefrau und Tochter habe er den Boden verloren und wollte eine Auszeit. Im Wegflug sei alles wieder über ihn gekommen. Er versprach mir hoch und heilig keinen Tropfen zu trinken, er habe sich jetzt im Griff. Nach der Landung bedankte er sich unter Tränen für das Vertrauen und für die verständnisvolle Betreuung durch ein (älteres) Flight Attendant. Alkohol ist überhaupt ein schlechter Begleiter im Flug. Über den Umgang gewisser Funktionäre eines grossen Weltsportverbands und eines ehemaligen Bundesrats damit schweigt des Schreibers Höflichkeit. Zunehmend häufen sich Meldungen über ungewöhnliche Flugwege. Während früher höchstens ungewohnter Fluglärm nach Mitternacht Aufsehen erregte, kann man heute alle Flugbewegungen weltweit in Echtzeit mit „Flightradar24“ auf dem Smartphone verfolgen. Mit „LiveATC“ kann man sogar den Flugfunk auf der ganzen Welt mithören. Die kürzlichen Befürchtungen in der Presse, gemäss Flightradar24 kreise ein Airbus stundenlang über dem Engadin, konnten rasch beruhigt werden. Es war ein Testflug nach Wartungsarbeiten wie er seit Jahrzehnten in einem definierten Luftraumquader über Engadin und Rheintal durchgeführt wird. Wenn sich dem Testflugzeug dann auf dem iPhone Schirm ein oder zwei Flugzeuge rasch nähern und fast verschmelzen mit ihm ist das kein Grund zur Sorge, denn diese Flüge ohne Passagiere werden gerne von der Luftwaffe zum Training der Identifikationsannäherung an ein grosses Flugzeug benutzt.