Erinnerung mit Museumsuhr

Geschrieben von Markus Müller
Taufe HB-IWC Schaffhausen

Nun hat es tatsächlich meine Armbanduhr ins IWC Uhrenmuseum geschafft. Begonnen hat es in den achtziger Jahren. Ein flugbegeisterter IWC Lehrling überzeugte mich von der Präzision und der Dauerhaftigkeit der mechanischen Uhren aus der Schaffhauser Manufaktur. Roger Korzeniowski fliegt heute selber als Kapitän B747-400 bei Cargolux. Um Schläge, extreme Temperaturen, Zeitzonen Wechsel, Höhenunterschiede und Meerwasser an exotischen Destinationen auszuhalten fiel die Wahl auf die Ocean 2000.

Sie begleitete mich auf allen Flügen und tickte nur selten im Hoteltresor. Ihr einfaches Design und graues, im Flugzeugbau für hochfeste Teile verwendetes Titan lockte Strassengauner und Taschendiebe kaum. Im berüchtigten Patpong in Bangkok, wo man praktisch jede Uhr als Fälschung bekommen kann, wurde sie nach eingehender Begutachtung erkannt, aber als zu kleiner Markt als Fälschung resistent befunden. Hingegen vermutete das Verkaufspersonal im IWC-Laden Shanghai eine Fälschung an meinem Handgelenk. Erst der herbei gerufene Chef gab Entwarnung, das Modell habe es tatsächlich gegeben. Über 15000 Flugstunden machen eine Uhr noch nicht Museums würdig. Erst einem Langstrecken Jet gelang es. 1991 erneuerte Swissair die Langstreckenflotte und ersetzte die DC-10 mit der MD-11. Am 22. April 1991 wurde das dritte Flugzeug, die HB-IWC von Long Beach nach Zürich überflogen und auf den Namen „VAUD“ getauft. HB steht für schweizerisches Luftfahrzeug, I für Swissair beziehungsweise Swiss, W für MD-11 und C für das dritte Flugzeug dieses Typs. Niemand reagierte auf die einmalige Konstellation IWC und brachte sie in Zusammenhang mit der gleichnamigen Uhrenmarke. Erst als der Schaffhauser Flugkapitän Hans-Rudolf Amsler intervenierte, zeigten sich Regierungsrat sowie Geschäftsleitung IWC und Swissair plötzlich begeistert. Das Flugzeug wurde vor 25 Jahren am 18. Mai 1992 feierlich umgetauft. Der Taufflug nach Paris wurde von den Schaffhauser Piloten Fritz Huggler und Konrad Trümpler durchgeführt während Hans-Rudolf Amsler und Markus Müller die Festgesellschaft zurück flogen. An Bord waren der Gesamtregierungsrat, Staatsschreiber, Geschäftsleitungsmitglieder, Verwaltungsräte und Direktoren von IWC und Swissair sowie fünfzehn Pressevertreter, darunter der flugbegeisterte SN Verleger Norbert Neininger. Die feierliche Abdeckung des Schaffhauser Wappens zelebrierten Regierungsrats Hermann Keller, IWC Verwaltungsrats Präsident Günter Blümlein und Swissair CEO Otto Löpfe. Bis zu ihrem Ausscheiden am 31. März 2004 flog die HB-IWC 65311 Stunden und 32 Minuten unter Schweizer Flagge und hob 10657 mal ab. Sie war dabei äusserst zuverlässig wie die Ingenieure im letzten Log Buch Eintrag festhielten: „Offenbar hat die HB-IWC ganz einfach täglich ihre Pflicht getan, aber ohne grössere Krankheiten ein an sich ruhiges Leben geführt“. Während ihrer ganzen Einsatzdauer war meine IWC Uhr dabei. Auf dem Übernahme Testflug in Long Beach, auf unzähligen Linienflügen und auf dem Abgabeflug vor dem Umbau zur Frachtmaschine für die holländische Martinair. Die Uhr mit ihrer grossen im Log Buch dokumentierten Flugstundenzahl und die original Immatrikulationsplakette HB-IWC sind während einem halben Jahr in einer Vitrine im IWC Museum ausgestellt und erzählen die Geschichte dieser einmaligen fliegenden Botschafterin der Schaffhauser Uhrenmarke in die ganze Welt hinaus. Sie lösen die während einem halben Jahr ausgestellte Uhr von Formel 1 Weltmeister Nico Rosberg ab. Dass Uhren und Fliegerei eine grosse Faszination ausüben ist bekannt. Neben dem eingangs erwähnten Uhrmacher Lehrling der den Weg in die Fliegerei fand, trafen wir in Dar es Salaam im Crew Hotel eine IWC Uhrmacher Lehrtochter. Die gleiche Uhrenmarke am Handgelenk, der Name Wanner und der Dialekt liessen rasch auf Herkunft und im Gespräch auf den Beruf schliessen. Sie begleitete ihre Schwester, damals Flight Attendant auf dem Afrika Flug. Wir Piloten kamen von Nairobi und übernahmen die bereits in Tansania weilende Kabinen Crew am andern Tag für den Flug nach Nairobi und Zürich. Die Technik begeisterte junge Frau begleitete uns im Cockpit. Auch Piloten sind nicht gefeit etwas anzugeben mit ihrer Maschine und wir boten ihr einen spektakulären Start. Das Startgewicht ist für den kurzen Flug nach Nairobi mit wenig Passagieren, wenig Fracht und wenig Kerosin sehr klein, sodass um Sprit und Lebensdauer der Triebwerke zu sparen mit stark reduzierter Triebwerkleistung gestartet werden kann. Wir ignorierten dieses Verfahren und wählten die maximale, auf Meereshöhe sowieso grosse, Startleistung. Wir gaben gleich noch einen drauf und schoben die drei Gashebel ganz nach vorne während wir das Flugzeug mit den Bremsen zurück hielten, wie es eigentlich für den Start an den Limiten vorgesehen ist. Erst nachdem die Triebwerke laut aufheulten und das Flugzeug sich schüttelte gaben die Füsse die Bremsen frei und die MD-11 beschleunigte mit der enormen Kraft von über 180000 PS wie ein Rakete und stieg nach enorm kurzer Rollstrecke steil in den Himmel. Natürlich leiteten wir die erste Kurve mit etwas mehr Querlage als üblich ein um einen letzten Blick auf den Hotelstrand zu bieten. Von Hand den Wolkenrändern entlang kurven um einen Eindruck der grossen Geschwindigkeit zu geben und vom Flugverkehrsleiter eine frühe Sinkbewilligung verlangen um den Kilimanjaro Krater aus der Nähe betrachten zu können, rundeten unsere kleinen pilotischen Freuden und Freiheiten ab. Connie teilte unsere Begeisterung offensichtlich und absolvierte nach dem Lehrabschluss die Pilotenschule als Linienpilotin

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