Kenia, jetzt Simbabwe. Viel ändern wird sich leider kaum. Eigentlich liebe ich Afrika und die anspruchsvolle Fliegerei unter heisser Sonne. Johannesburg, Kapstadt, Harare, Kinshasa, Brazzaville, Libreville, Malabo, Douala, Yaoundé, Lomé, Lagos, Accra, Abidjan, Banjul, Dakar, Nairobi und Dar Es Salaam haben wir mit Swissair angeflogen. Geblieben sind gerade noch Nairobi, Dar Es Salaam und Johannesburg. Neben dem Streichkonzert durch Mutter Lufthansa, hat es auch mit der fehlenden Entwicklung Afrikas zu tun.
Früher war die Fahrt vom Flugplatz ins Hotel über Naturpisten zwar noch abenteuerlicher. Die Koffer wurden auf das Dach des Kleinbus geladen. Heute sind die Strassen geteert, die Löcher aber nicht weniger. Die Koffer werden in den Anhänger geladen, es fährt aber ein Aufpasser mit, damit er nicht unterwegs geklaut wird. Hütten, Verkaufsstände und Restaurants am Strassenrand sehen immer noch gleich aus. Beleuchtet mit einer nackten Glühbirne, lärmige Generatoren und umgeben von vielen Leuten. Etwas ist anders. In den meisten Ständen hat es TV und Computer und jeder hat ein Mobiltelefon. Das hat seinen Preis. Beim Verlassen des Terminals bettelt die Kinderschar nicht mehr wie früher um Kugelschreiber oder Toilettenartikel, sondern um Geld.
Thorn Tree Cafe
Vor Jahren war das zum Stanley Hotel gehörende Café mitten in Nairobi ein beliebter Treffpunkt auch für Flight Crews um einen Kaffee oder ein Tusker (Biermarke) zu trinken. Die riesige Akazie, die dem Café den Namen gab, unterhielt einem dabei stundenlang. Es war die Mailbox Afrikas als es weder Internet noch mobile Telefone gab. Am riesigen Stamm waren hunderte Zettel befestigt mit denen auf Monate hinaus Termine abgemacht, Safaris koordiniert und Geschäftstreffen fixiert wurden. Entsprechend illuster waren die Gäste. Einigen sah man die Entbehrungen der langen Fahrt von Nordafrika durch die Wüsten an, andere waren in Safari Montur und weitere wickelten lokale oder internationale Geschäfte ab. Erfreute oder enttäuschte Gesichter nach der Konsultation des dicken Baumstamms. Vor dem Lokal nur noch durch Rost zusammen gehaltene Fahrzeuge, Landrover im Safari Look oder vollbepackte Motorräder mit europäischen Nummernschildern. Im Innern Gästebilder der englischen Königsfamilie, Hemingway, Elisabeth Huxley, Churchill oder Roosevelt. Das erste Hotel Nairobis wurde 1902, drei Jahre nach dem Bau der Eisenbahnlinie vom Meer eröffnet und war Ursprung der heutigen Millionenstadt. Der Naivasha Acacia Thorn Tree wurde 1959 gepflanzt. Mit dem Internet und der mobilen Telefonie verschwanden die Zettel, der Baum musste gefällt werden. Der Reiz ist weg, denn Geschäftsleute und Touristen mit iPad gibt es überall ebenso wie Beute suchende afrikanische „Schönheiten“. Die Markthallen um die Ecke sind geblieben. Es riecht noch gleich, die Preise sind immer noch verhandelbar. Meine erste Landung in Westafrika war Lomé in den achtziger Jahren. Frauen mit umgeschnallten Babys, riesigen Bündeln mit Stoffen und Landwirtschaftsprodukten, gackernden Hühnern oder auch einmal einer Ziege am Strick, bevölkerten die offene Ankunft- und Abflughalle mit entsprechenden Gerüchen. Internationale Sicherheitsvorschriften lassen das nicht mehr zu. Der Beobachtung, dass hie und da Beamte bei der Gepäck Kontrolle gebannt und pflichtbewusst in schwarz bleibende Bildschirme starren oder Freunde daran vorbei führen, wirken Airlines mit eigenen Sicherheitsleuten entgegen, welche das Handgepäck durchsuchen und die Pässe fotografieren. Letzteres gegen das kurze Gedächtnis von Passagieren die nach der Landung in Zürich plötzlich nicht mehr wissen welche Staatsangehörigkeit sie haben und ihre Pässe im Flugzeug unauffindbar verloren haben. Sonst sind die Marktplätze unverändert geblieben und machen den Charme Afrikas aus. Erst dort habe ich schlechter Französischschüler diese Sprache gelernt. Stundenlanges diskutieren, den Preis herunter handeln und dann den erwartungsvollen Augen der einig gewordenen Marktfrauen nicht wiederstehen könnend, hat sich mein Haus zu einem richtigen afrikanischen Kunstmuseum entwickelt und es standen Früchtetage auf dem Speisezettel zuhause. Mary, unsere lokale Verantwortliche in Accra, hatte ich mit einem defekten Flugzeug, tobenden Passagieren, verderblicher Fracht und bockiger Fluggesellschaft mit der in Afrika noch anerkannten Autorität eines Flugkapitäns tatkräftig unterstützt und in ihren Augen den Job gerettet. Sie drückte ihre „lebenslange“ Dankbarkeit mit einer Kiste Ananas aus, die sie mir vor jedem Abflug ins Cockpit brachte. Davon hatten wir ein paar hundert im Frachtraum, meine fehlte wohl einfach. Einmal bestand sie auf einem Karton voller Plastikschalen mit Ananas Schnitzen, angeschrieben mit coop, Strichcode und Fr. 4.95 Die mit einfachsten Mitteln hergestellten afrikanischen Holzfiguren, oft Geschichte, Gebräuche oder Voodoo Rituale darstellend, faszinieren. Ein fast zum Freund gewordener Künstler erwartete mich am angerkündigten Ankunftstag jeweils in Accra mit den neusten Schöpfungen. Einmal hatten er und seine Kollegen keine Zeit. Sie schnitzten wie verrückt Holzpenisse. Kein Sexshop war Auftraggeber sondern die UNO hatte ein paar tausend Stück Anschauungs- und Übungsmaterial bestellt für eine Afrika weite Aufklärungskampagne gegen AIDS. Einer davon steht etwas verschämt bei mir im Hintergrund.